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03 Nov
Von Fialas Regierung bis zu Putin - Ex-Präsident Zeman äußert sich zur Tagespolitik

Acht Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Staatspräsidenten wendete sich Miloš Zeman in einem ausführlichen Interview mit der Zeitschrift Reflex an die Öffentlichkeit. Seine undiplomatische Ausdrucksweise, die für ihn als Präsident zum Markenzeichen geworden ist, hat er dabei keineswegs abgelegt. Zeman nutzte die Gelegenheit zu einer langen Abrechnung mit der Regierung von Petr Fiala (ODS), die er als "dilettantisch" bezeichnete. Als größten Fehler seiner Präsidentschaft nannte Zeman, dass er den russischen Präsidenten Wladimir Putin "falsch eingeschätzt" habe.

Miloš Zeman war von 2013 bis 2023 Staatspräsident der Tschechischen Republik

Bild: Facebook/Miloš Zeman

"Politik ist ein Kampf gegen Dummheit, auch gegen unsere eigene Dummheit. Ich bin in erster Linie in die Politik gegangen, um gegen Idioten zu kämpfen. Natürlich war das nicht das einzige Ziel, aber es war das Hauptziel. In der Politik im Allgemeinen, und in der tschechischen Politik im Besonderen, gibt es ziemlich viele Idioten", eröffnete der ehemalige Präsident Miloš Zeman das Interview mit der politischen Zeitschrift Reflex. Das Schlimmste an ihnen sei nicht, dass es sie gebe, sondern "dass sie sich für Genies halten". "Ich hatte viele Kritiker, aber in Wahrheit hat niemand gesagt, ich sei ein Idiot. Ich weiß nicht, warum", setzte er fort.

Seine Vorbehalte gegen die derzeitige Fünf-Parteien-Regierung, die er sowohl im Wahlkampf, als auch im Zuge der Regierungsbildung geäußert hat, sieht Zeman acht Monate nach seinem Auszug aus der Prager Burg bestätigt. "Diese Regierung ist dilettantisch. Sie ist weder links noch rechts, weder konservativ noch liberal, sie ist einfach dilettantisch", urteilte Zeman. 

"Kürzlich wurde ein Theologe (Marek Výborný von der KDU-ČSL, Anm. d. Red.) zum Landwirtschaftsminister ernannt, der sich noch nie mit diesem Thema befasst hat", sagte Zeman in einem Interview mit Reflex und fügte hinzu, es gebe zahlreiche Beispiele für den Dilettantismus der Regierung. Dabei verwies auf eine im Fernsehen übertragene Diskussion mit Výborný. "Der Gesprächspartner war Absolvent eines landwirtschaftlichen Gymnasiums, und Minister Výborný sagte zu ihm, dass er nichts von Landwirtschaft verstehe. Das ist eine ziemliche Frechheit, die sich Politiker manchmal erlauben. Aber es ist ein Zeichen von Dilettantismus", so Zeman weiter.

"Man sagt, die schlimmste Kollision im Leben ist die mit einem Idioten. Ich glaube nicht, dass das so ganz stimmt. Die schlimmste Kollision ist die mit einem Amateur, der nicht unbedingt ein Idiot ist. Im Falle von Minister Výborný - er mag ein guter Theologe sein. Aber er ist kein guter Landwirtschaftsminister. Punkt.", so der ehemalige Präsident gegenüber Reflex.

Auch bei der Bekämpfung der Inflation ortete Zeman mangelnde Professionalität durch die Regierung von Premier Fiala. "Meiner Meinung nach ist der Hauptfaktor für die Inflation die Regierung, denn es ist die Regierung, nicht die Tschechische Nationalbank, die über die Höhe des staatlichen Haushaltsdefizits entscheidet. Darüber hinaus halte ich mich an das Motto, mit dem ich in die Politik gegangen bin, nämlich 'Regierung durch Experten'. Ich weiß, dass Experten lästig sind, und jede Belehrung ist lästig. Experten sind nicht sozial, sie tanzen nicht im 'StarDance', aber sie sind viel nützlicher als Leute, die ihren Beruf verfehlt haben. Zum Beispiel ein Theologe, der kein Theologe ist, sondern Landwirtschaftsminister", ätzte Zeman.

Zemans Bruch mit Putin

Dass er selbst während seiner Regentschaft Fehler begangen hat, musste der Ex-Präsident während des Interviews einräumen. "Ich habe Wladimir Putin sehr falsch eingeschätzt. Ich hielt, von dieser Ausnahme abgesehen, die Politiker der Welt für mehr oder weniger rationale Wesen, und bei Wladimir Putin, den ich mehrmals getroffen habe, dachte ich: Ja, er ist ein bisschen zynisch, er ist ein bisschen kalt, aber er ist daran interessiert, dass es Russland gut geht. Mit dem Einmarsch in die Ukraine hat er aber Russland erheblich geschadet", meinte Zeman. "Meine Annahme, dass er rational sein würde, war falsch. Das ist einer meiner größten Fehler", ergänzte er.


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