Die Regierung von Premier Petr Fiala (ODS) kann mit dem Vertrauen der Abgeordnetenkammer weiterregieren. Die Opposition scheiterte mit ihrem Versuch, dem Kabinett das Misstrauen auszusprechen. Die auf Bestreben der ANO einberufene außerordentliche Sitzung dauerte zwei Tage. Die Debatten begannen am Dienstagmorgen (17.1.), und nachdem in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch eine Pause eingelegt worden ist, endete sie am Donnerstag (19.1.) kurz nach Mitternacht mit einem wenig überraschenden Ergebnis. Die Abgeordneten stimmten mit Regierungsmehrheit für das Vertrauen in die Regierung.
Bild: Facebook/Poslanecká sněmovna Parlamentu České republiky
Das Ergebnis der Vertrauensabstimmung stand von Anfang an fest. Da aber das Fernsehen die Sitzung zum großen Teil live übertrug, nutzten die Oppositions-, aber auch die Regierungsvertreter das Parlament vor allem als Wahlkampfbühne für "ihre" jeweiligen Kandidaten Andrej Babiš (ANO) und Petr Pavel in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl.
Einige Regierungspolitiker haben der ANO vorgeworfen, die Vertrauensdebatte sei Teil der Kampagne von Babiš. ANO-Vertreter bestritten dies und wiesen darauf hin, dass Babiš gar nicht im Unterhaus anwesend war.
Radim Fiala, Fraktionschef der rechten SPD, kritisierte die Regierungsbank scharf. Die Minister, so sagte er, sprachen zunächst darüber, dass alles in Ordnung sei. "Nur irgendwie haben die Leute kein Geld, die Lebensmittelpreise steigen, die Wohnungskosten sind unerschwinglich", so der oppositionelle Namensvetter des Premiers. Er fügte hinzu, er glaube, dass das Kabinett bei der Lösung der Krise "schlecht, langsam und dumm" vorgehe.
SPD-Abgeordnete Lucie Šafránková verglich das Arbeitstempo der Regierung in der Sozialpolitik mit dem Tempo einer "Schnecke im hohen Gras", das Jahr der Regierung Fiala war ihrer Meinung nach ein "Trauerspiel". Martin Kolovratník (ANO) kritisierte das Verkehrsministerium. Er warf Minister Martin Kupka (ODS) vor, viel zu langsam auf die Energiekrise reagiert zu haben.
Die Abgeordneten der Opposition befassten sich in ihrer Regierungskritik auch mit der Gesundheitsversorgung, der Kriminalität und der Betreuung ukrainischer Flüchtlinge in der Tschechischen Republik. Je später der Abend, umso kurioser die Rednerbeiträge. Der ANO-Abgeordnete Hubert Lang beschloss, einen Teil seiner Rede im Morse-Alphabet zu klopfen. Vize-Parlamentspräsident Jan Skopeček (ODS) appellierte daraufhin an die Abgeordneten, sich um die Wahrung ihrer Würde zu bemühen.
Premier Fiala erwiderte, wenn die Opposition eine vernünftige Debatte führen wolle, solle sie der Regierung substanzielle Fragen stellen, sich nicht beschweren und nicht jammern. "Sie weinen und beschweren sich darüber, dass Mitglieder der Regierung sprechen, argumentieren und sagen, was die Regierung getan hat, was in den einzelnen Ministerien getan wurde. Und dann, wenn die Minister aufhören zu berichten und Sie sprechen können, beschweren Sie sich wieder darüber, dass die Mitglieder der Regierung nicht sprechen", warf der Premierminister der Opposition vor.
Bei der Vertrauensabstimmung unterstützten 81 der anwesenden Abgeordneten den Misstrauensantrag, während 102 Mandatare der Regierung das Vertrauen aussprachen. Misstrauensvoten sind im tschechischen Parlamentarismus sehr beliebt. Die jüngste Sitzung war bereits der 17. Versuch einer Opposition, eine amtierende Regierung zu stürzen. Bislang scheiterten alle - bis auf einen. 2009 wurde die Regierung von Premier Mirek Topolánek (damals ODS) auf diesem Weg abgesetzt.
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