In der tschechischen Hauptstadt dauerte es am längsten, bis nach dem Kommunalwahlen vom Herbst vergangenen Jahres eine neue Stadtregierung zustande gekommen ist. Nach fünf Monaten haben sich das Wahlbündnis Spolu aus ODS, TOP'09 und KDU-ČSL mit dem Bündnis aus Piraten und STAN auf eine neue Hauptstadtkoalition geeinigt. Bürgermeister wird Bohuslav Svoboda (ODS), der bereits 2010-2013 im Amt war. Die Partner haben eine Reihe von Aversionen aus den letzten Jahren, vor allem zwischen Svoboda und der TOP'09, aber auch mit den Piraten, überwinden müssen. Die Opposition wird aus ANO, der SPD und der früheren liberalen Regierungspartei "Prag für sich / Praha sobě" gebildet.
Bürgermeister Bohoslav Svoboda trägt wieder die Amtskette der Stadt Prag
Bild: Facebook/Bohuslav Svoboda
Bei der Wahl zum Bürgermeister stimmten 50 der 65 Mandatare für Svoboda. Somit gab ihm auch die gesamte Fraktion der oppositionellen ANO die Stimme, während die rechte SPD und "Prag für sich" gegen ihn votierten.
Die Oppositionsparteien kritisierten im Vorfeld der Wahl, dass Svoboda sein Mandat im nationalen Parlament nicht niedergelegt hat. Der bisherige Finanzstadtrat Vizebürgermeister von Prag, Pavel Vyhnánek (parteifrei auf der Liste von "Prag für sich") präsentierte einen Terminkalender für Svoboda mit allen seinen Verpflichtungen, wenn er keines seiner bisher ausgeübten Ämter aufgeben würde. "Er hat ganze sechs Tage im Monat Zeit, um die Stadt zu verwalten", fasste Vyhnánek zusammen.
ANO, die in der Kommunalwahl dem Bündnis Spolu unterlegen war, aber sich als stärkste Einzelpartei betrachtet, kritisierte die Zusammensetzung der Koalition, wählte aber dennoch geschlossen Svoboda zum Stadtoberhaupt. Die parteilose Abgeordnete Hana Kordová Marvanová, die auf der Spolu-Liste ins Rathaus gewählt worden ist, enthielt sich aus Enttäuschung über ihre Nichtberücksichtigung in der Stadtregierung der Stimme.
"Ich danke allen, die mir ihre Unterstützung zugesagt haben. Die Tatsache, dass unsere Stadt einen Bürgermeister hat, ist nach all diesen Monaten eine gute Nachricht. Die Wahl eines Bürgermeisters ist der Beginn neuer Arbeit, harter Arbeit und Veränderung. Ich verspreche, dass ich und die Koalition sofort mit der Arbeit beginnen werden", sagte Svoboda nach seiner Wahl zum Prager Bürgermeister.
In seiner Rede sagte Svoboda auch, dass er sich zutraue zu sagen, dass er wisse, was die Prager brauchen. Er erklärte, dass die Prager Stadtregierung gut mit der Regierung der Tschechischen Republik zusammenarbeiten werde. "Prag ist nicht nur die größte Stadt, sondern auch die Hauptstadt. Sie ist die Visitenkarte unseres Staates, ein eigenständiger Organismus, der mit der Regierung verbunden sein und mit ihr zusammenarbeiten muss, denn Prag macht eine ganze Reihe von Dingen nicht für sich selbst, sondern auch für den ganzen Staat", sagte er.
Svoboda ist ursprünglich Gynäkologe und arbeitete an der Geburtsklinik des Universitätskrankenhauses in den Prager Weinbergen (Praha-Vinohrady), war 1992-1998 Präsident der tschechischen Ärztekammer und von 2002 bis 2009 Dekan der 3. Medizinischen Fakultät der Karlsuniversität Prag.
2010 wurde Svoboda erstmals Prager Bürgermeister, jedoch zerbrach seine Koalition mit der liberalen Partei TOP'09 vorzeitig und sein Stellvertreter Tomáš Hudeček bootete ihn durch einen "fliegenden Koalitionswechsel" seiner TOP'09 aus. Seit dieser Zeit existiert ein gespanntes Verhältnis zwischen ihm und der TOP-Partei.
Svoboda hat danach viele politische Ämter gesammelt: Er sitzt seit 2010 im Prager Rathaus und ist seit 2013 Abgeordneter der ODS im nationalen Parlament, ist Parteichef der Prager Stadt-ODS und war zusätzlich von 2014-2018 Bezirksvorsteher des zweiten Prager Gemeindebezirkes.
Svoboda, sein damaliger Nachfolger Hudeček und weitere ehemalige Ratsmitglieder mussten sich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, im Jahr 2012 das Unternehmen Haguess, dem damaligen Inhaber der Rechte am Chipkartensystem Opencard, unrechtmäßig begünstigt zu haben. Das Prager Stadtgericht verhängte zunächst Bewährungsstrafen, die in der Berufung aufgehoben wurden, und im März 2020 sprach das Gericht die Angeklagten schließlich frei, das Urteil ist rechtskräftig.
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