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14 Jul
STAN: Nach Lobbying- nun auch Rassismus-Problem

Das Image der STAN als liberale und politisch saubere Partei ist nach nur einem halben Jahr Regierungsbeteiligung bereits angepatzt. Zuerst musste ihr Ex-Vorsitzender und Bildungsminister Petr Gazdík den Hut nehmen, weil er gegenüber einem angeklagten Lobbyisten zu enge Kontakte hatte. Jetzt fällt dem Bürgermeister von Poděbrady (Podiebrad), Jaroslav Červinka, ein lange zurückliegender rassistischer Spruch auf den Kopf. Er sprach davon, Roma zu erschießen. Vít Rakušan, STAN-Vorsitzender, Vizepremier und Innenminister, gerät wegen der beiden Causen unter starkes politisches Kreuzfeuer.

Bild: STAN

Červinka hat auf einer Stadtratssitzung seiner Gemeinde über einen Verkehrsunfall gesprochen, der durch Hunde eines Roma-Bürgers verursacht worden ist. "Ich habe dann den denkwürdigen Satz gesagt, dass es besser wäre, sie zu erschießen. Der Polizist sagte mir, dass sie nicht erschossen werden sollten, dass die Hunde keine Schuld hätten. Und ich habe gesagt, dass ich die Hunde nicht gemeint habe", so der Ausspruch des STAN-Politikers. Er habe sich bereits bei der mittelböhmischen Parteiorganisation dafür entschuldigt und erklärt, er habe diese Aussage nicht so gemeint, wie sie geklungen hat. Er wies weiters darauf hin, dass sich dieser Vorfall im Jahr 2001, also bereits vor mehr als 20 Jahren ereignet hat. "Es war dumm. Damals wie heute." 


Die Sprecherin der Partei, Sára Beránková, erklärte in einem Statement, dass STAN die Entschuldigung Červinkas akzeptiert hat, Parteichef Rakušan hat den Sager jedoch gegenüber der Tageszeitung "Deník N" als "inakzeptabel" bezeichnet. Denn trotz aller Beteuerungen hat das Image der Bürgermeisterbewegung als weltoffene und tolerante Partei dadurch nachhaltig gelitten.


Nicht nur Červinka, auch der einst mächtige Vorsitzende der STAN-Bewegung, Petr Gazdík, macht der liberalen Partei Probleme. Gazdík, der von 2009 bis 2014 und von 2016 bis 2019 die Bürgermeisterbewegung angeführt hat, wurde seine Nähe zum Lobbyisten Michal Redl zum Verhängnis. Redl ist eine der Hauptangeklagten im Prager DPP-Skandal, bei dem es über einem langen Zeitraum um Absprachen bei Transportunternehmen bezüglich Ausschreibungen gegangen ist. In der Causa ist auch der Prager Stadtpolitiker Petr Hlubuček angeklagt, der bis vor Kurzem STAN-Parteimitglied und Bezirksvorsteher von Praha-Lysolaje (Prag-Lisolei) war.


"STAN ist eine Mafia, ein Projekt, das von Herrn Redl gegründet worden ist!", ätzte Ex-Premier und ANO-Parteichef Andrej Babiš auf der eigens beantragten Sondersitzung des Parlaments mit dem Titel "Organisierte Kriminalität durch STAN". Die zurückgetretenen STAN-Politiker bezeichnete er wörtlich als "Gauner". STAN-Obmann und Innenminister Rakušan entgegnete den Anschuldigungen des ehemaligen Regierungschef Babiš mit den Worten: "Der Dieb sagt: 'Haltet den Dieb!'" Er erinnerte daran, dass Babiš sich selbst im September vor Gericht wegen Subventionsbetruges in der Storchennest-Affäre verantworten werden müssen. "Ich werde nicht aus dem Innenministerium zurücktreten. Ich werde Ihnen dieses Vergnügen nicht bereiten", so Rakušan. Tomio Okamura, der Chef der oppositionellen SPD, forderte die gesamte Regierung zum Rücktritt auf. "Nur jemand, der unter Drogen steht, kann glauben, dass Rakušan nicht die Polizei beeinflusst", sagte der Rechtspopulist.

 
Der laufende DPP-Skandal hat auch schon auf die kleine Regierungspartei TOP'09 übergegriffen. Ex-Parteichef Jiří Pospíšil wurde von seiner Nachfolgerin Markéta Pekarová Adamová aufgefordert, nicht mehr für den Prager Gemeinderat anzutreten. Grund dafür seien enge Verbindungen seines Beraters Jiří Fremr zu Redl und dem flüchtigen, in der Causa DPP angeklagten Radovan Krejíř.

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