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18 Dec
Präsident Pavel rät der Regierung zu einem Kommunikationsexperten

Staatspräsident Petr Pavel zog für das Nachrichtenportal Seznam zprávy in einem Interview über sein erstes Jahr als Staatsoberhaupt auf der Prager Burg Bilanz. Dabei gab er seiner Sorge zum Ausdruck, dass sich die politische Atmosphäre in der Tschechischen Republik zusehends verschlechtert. In seiner Jahresbilanz ging Pavel mit der Regierung von Premier Petr Fiala (ODS) ins Gericht, kommentierte das Verhalten der Opposition und ging auch auf seine militärische Tätigkeiten - vor und nach 1989 - ein.

Präsident Petr Pavel beim Besuch eines Stollens in Mährisch-Schlesien

Bild: Pražský hrad - tiskový servis/Tomáš Fongus/Josef Blaho

"Ich glaube, mein Vater wäre ein großartiger Präsident, aber ich glaube nicht, dass er es werden sollte. Ich weiß, wie er über Politik denkt, und nach dem, was er mir immer gesagt hat, ist er nicht daran interessiert, in die Politik zu gehen. Er würde dort nicht glücklich werden." - so sprach einst der Sohn des Präsidenten, Petr Pavel jun., bevor sein Vater sich entschloss, zur Präsidentschaftswahl anzutreten. Konfrontiert mit dieser Aussage, antwortete Pavel sen., dass er tatsächlich nicht das höchste Amt im Staat angestrebt habe. Er habe sich jedoch dennoch entschlossen, da er einen Staatspräsidenten Andrej Babiš (ANO) verhindern wollte.

"Mein Sohn hat natürlich Recht. Ich habe es nicht so sehr als Erfüllung meines Lebenstraums gesehen, denn das habe ich nicht wirklich angestrebt, sondern ich habe es - auch wenn viele es als Klischee auffassen werden - als Fortsetzung des Dienstes gesehen. Ich war motiviert, dies zu tun, weil ich sah, wohin es mit einer möglichen Präsidentschaftswahl kommen könnte, und das war eine Option, die ich irgendwie vermeiden wollte", so der im Jänner 2023 mit 58,3% der Stimmen gewählte Staatspräsident.

Pavel betonte mehrmals seine Sorge über die voranschreitende Spaltung der Gesellschaft. Das Auseinanderdriften der politischen Lager ist ein weltweit zu beobachtendes Phänomen, das in Tschechien besonders augenscheinlich sei. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts STEM manifestiert die Vertrauenskrise, die zur Zeit in der Tschechischen Republik herrscht: Während vor zwei Jahren noch 46 Prozent der Bürgerinnen und Bürger angaben, dass sie anderen Menschen vertrauen, so liegt dieser Wert anno 2023 bei nur noch 26 Prozent.

Für die schwerwiegende Vertrauenskrise sieht Pavel zwei Hauptgründe. Einerseits passieren auf der Welt schreckliche Katastrophen, etwa die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine. Dadurch werden weitere Krisen ausgelöst, mit der damit verbundenen Verschlechterung der Lebensbedingungen einer ziemlich großen Anzahl von Menschen. Das seien sehr reale Gründe für die Vertrauenskrise, so Pavel. "Aber es gibt auch Pseudogründe, nämlich dass diese Situation von einigen Politikern genutzt wird, um ein noch schlechteres Bild zu zeichnen, um es einer bestimmten Regierung oder einer bestimmten Partei zuzuschreiben. Auf diese Weise schaffen sie eine negative Atmosphäre, die das, was um uns herum geschieht, noch verschlimmert. Ich glaube, dass die junge Generation davon am meisten betroffen ist, weil sie nicht genug Lebenserfahrung hat, um einige Dinge herauszufiltern und sich zu sagen, dass es diese Probleme schon immer gegeben hat und wir immer in der Lage waren, sie zu bewältigen. Für sie ist das die Realität, in der sie jetzt leben, und wenn diese Realität mit überwiegend negativen Dingen gefüllt ist - und ihnen gesagt wird, dass wir die Schlimmsten in der Welt und die Schlimmsten in Europa sind - können sie leicht der Tatsache erliegen, dass dies der Fall ist", so der Präsident wörtlich.

Premier Fiala und sein Kabinett wurden im Laufe dieses Jahres immer unpopulärer, während Pavels direkter Konkurrent im Wahlkampf, Andrej Babiš, in den Umfragen haushoch führt. Was rät der Präsident der Fünferkoalition, die ihn bei der Wahl unterstützt hat? "Auch hier müssen wir mindestens zwei Gesichtspunkte sehen. Die eine ist, dass diese Regierung vielleicht zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt an die Macht gekommen ist, als sie sich mit einigen der von den Vorgängerregierungen verursachten Problemen und auch mit den Auswirkungen von Krisen hat befassen müssen, die nicht vorhersehbar waren. Weder Covid, noch der Krieg in der Ukraine waren so leicht vorherzusehen, und nur wenige Regierungen hätten sich überhaupt darauf vorbereiten können. Die Kombination dieser Einflüsse führt dann dazu, dass eine Regierung Maßnahmen ergreifen muss, die im Prinzip unpopulär sind. Und natürlich assoziieren die meisten Menschen aktuelle Probleme mit der aktuellen Regierung", antwortete Pavel. 

"Und dann gibt es noch einen zweiten Punkt, nämlich die tatsächliche Fähigkeit und Kapazität der Regierung Fiala, mit den Problemen, die uns umgeben, umzugehen. Denn so wie keine Regierung ideal ist, tut auch diese Regierung offensichtlich nicht alles zu 100% so, wie die Menschen es erwarten. Selbst Experten werfen ihr oft einige Unzulänglichkeiten vor, die auf einen Mangel an Kapazitäten und Fähigkeiten in einzelnen Ministerien zurückzuführen sein können, aber auch auf die Tatsache, dass es sich einfach um eine Fünf-Parteien-Koalitions-Regierung handelt", setzte er fort.

"Am Ende des Tages ist politisches Marketing einfach nur Marketing."

Pavel erklärte im Interview mit Seznam zprávy, seiner Ansicht nach sollte die Regierung Hilfe von Experten annehmen. In Tschechien gebe es eine ganze Reihe von Kommunikationsfachleuten, denn "am Ende ist politisches Marketing einfach nur Marketing". Wenn man der Öffentlichkeit eine komplexe Idee präsentieren will, sei es ähnlich, als wenn man ein komplexes Produkt verkaufen will: Man müsse es so erklären, dass es auch der Laie versteht und akzeptiert. "Ich habe der Regierung, Petr Fiala und einzelnen Ministern, schon oft gesagt, dass sie, wenn sie unpopuläre Maßnahmen ergreifen müssen, der Erklärung dieser Maßnahmen größte Aufmerksamkeit schenken sollten. Warum müssen überhaupt Maßnahmen ergriffen werden? Wohin werden sie führen und welche konkreten Folgen werden sie haben? Wenn die Regierung dies nicht tut oder nur oberflächlich und auf eine Art und Weise, die die Menschen nicht verstehen, dann wird die Unpopularität dieser Maßnahmen noch verstärkt", sagte Pavel.

"Seit dem 14. Lebensjahr in Uniform"

Der Wandel Petr Pavels vom Militärangehörigen der kommunistischen Tschechoslowakei zu einem der ranghöchsten NATO-Generälen bildete einen weiteren Schwerpunkt des Gespräches mit Seznam zprávy. Die militärische Laufbahn sei durch seinen Vater, Oberst Josef Pavel, vorgegeben. Mit 14 Jahren drückte er daher an der Militärschule die Schulbank. Die Entscheidung dazu habe der junge Petr gewiss unter dem Einfluss des Vaters getroffen, betonte er, obwohl dieser ihn nie expressis verbis aufgefordert habe, in seine Fußstapfen zu treten.

In seinem Buch "An vorderster Front" (Originaltitel: "V první linii") bezeichnete sich Petr Pavel im Bezug zum kommunistischen Regime als "Enthusiast für alles, was als richtig dargestellt wurde". Heute sehe er das anders, erklärte er im Interview: "Ich glaube, das war eine der wichtigsten Lektionen für mein Leben, und gleichzeitig bin ich froh, dass ich diese Lektion erleben durfte. Denn ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich mich für Demokratie und Werte als das Beste, was wir heute haben können, einsetze. Ich habe etwas, mit dem ich es vergleichen kann. Natürlich kann ich im Nachhinein, ohne die Möglichkeit zu haben, es ungeschehen zu machen, die Naivität bedauern, mit der ich damals einige Dinge wahrgenommen habe." Der Mensch sei in höchstem Maße ein Produkt seiner Umgebung. "Wäre ich in eine Dissidentenfamilie hineingeboren worden, hätte ich wahrscheinlich einen ganz anderen Lebensweg eingeschlagen. Wäre ich in die Familie von jemandem hineingeboren worden, der erheblich vom Regime betroffen war, hätte ich wahrscheinlich auch eine andere Sichtweise. Ich wurde in ein völlig anderes Umfeld hineingeboren."

Quelle: Seznam zprávy


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