Die Visegrád-Gruppe (V4) sei zu einer toxischen Marke in Europa geworden und habe ihren Ruf ruiniert, sagte Martin Dvořák (STAN), Minister für Europaangelegenheiten, in der politischen TV-Sendung "Ereignisse, Kommentare". Er sagte in der Sendung, dass die Zeit, in der die V4-Länder vor dem EU-Gipfel ihr gemeinsames Vorgehen klärten, vorbei sei. Dies sei seit der Zeit der Fall, als Ungarn versucht habe, seine privaten Interessen hinter der Marke V4 zu verbergen. Derzeit führt die Tschechische Republik bis zum 30. Juni 2024 die Präsidentschaft über das Staatenbündnis mit der Slowakei, Polen und Ungarn.
Bild: picture-alliance/AA/O. Marques
Er halte die Gruppe weder für eine treibende Kraft, noch für gemeinsame Kraft, die Europa voranbringt, auch wenn er Visegrád nicht für tot erkläre, meinte Dvořák. Er fügte hinzu, dass die Tschechische Republik nicht mit der Marke "V4" belegt werden sollte, da sie durch den "Unruhestifter", den ungarischen Premier Viktor Orbán, vergiftet sei.
Dvořák sagte, er sei der Ansicht, dass die Zeit, in der die V4 innen- und außenpolitisch ähnlich oder gleich ausgerichtet waren, vorbei ist. "Es ist offensichtlich, dass die V4 keine politisch homogene Einheit ist", sagte er und fügte hinzu, dass sie weder die Kraft noch den Ehrgeiz habe, Verhandlungen über den Frieden in Gaza oder der Ukraine aufzunehmen.
An der Fernsehdiskussion nahmen neben Europaminister Dvořák auch Ex-Premier Mirek Topolánek (früher ODS, heute parteilos) und der ANO-Abgeordnete Jaroslav Bžoch teil. Tolopánek widersprach dem Europaminister in weiten Teilen. Der ehemalige Regierungschef hält die Gruppe trotz der großen Unterschiede zwischen den Ländern dennoch für sinnvoll, vor allem als gemeinsame Kommunikationsplattform. Mit Blick auf den Chef der EU-Diplomatie, Josep Borrell, fügte er hinzu, er wolle nicht, dass "irgendein drittklassiger Zauberer aus Brüssel die Außenpolitik für unseren Teil Mitteleuropas" mache.
Topolánek skizzierte eine Vorstellung davon, was passieren würde, wenn die V4 zerbräche und Ungarn außerhalb der V4 oder möglicherweise außerhalb der EU stünde. Er würde dies für einen großen Fehler halten. Er betonte auch, dass Orbán zwar ein Unruhestifter sein mag, aber sein Ansatz zum Schutz der Schengen-Außengrenze, für den er in beispielloser Weise kritisiert wurde, der einzige Weg zur Kontrolle der Migration ist. Er fügte hinzu, dass einige der Äußerungen des slowakischen Premiers Robert Fico und die Aktionen der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) für uns ebenfalls nicht akzeptabel seien, aber er würde nicht sagen, dass diese Länder undemokratisch seien.
Bžoch fügte hinzu, dass es innerhalb der V4 zwar viele Widersprüche gebe, aber auch einiges, mit dem man gut arbeiten könne. "Hinter dem politischen Vorhang passieren viele Dinge, die nichts mit Politik zu tun haben". Er erwähnte insbesondere den Visegrád-Fonds und seine wichtige Rolle in Kultur, Wissenschaft, Forschung und anderen Bereichen. Auch er die Kommunikation innerhalb der Gruppe für sehr wichtig, meinte Bžoch.
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