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16 Jan
Tschechische Regierung erstellt im Nachhinein einen Risikoplan für den Ausbau von Dukovany

Die tschechische Regierung bleibt ihrem politischen Stil "Zuerst handeln, danach sehen was kommt", treu. Nachdem der Deal mit dem koreanischen Unternehmen KHNP - zumindest nach Ansicht der Regierung - fast in trockenen Tüchern ist, wird ein Risikoplan, basierend auf einer Studie erstellt, die die Auswirkungen des Zubaus auf die Region und die Mängel beleuchten soll. Ein Desaster wie beispielsweise bei der Digitalisierung des Bauwesen, scheint vorprogrammiert.

Bild: ČEZ Group

Bis Ende Juni wird das Ministerium für regionale Entwicklung einen Aktionsplan zur Vermeidung von Risiken im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Atomblöcke in Dukovany ausarbeiten. Dies beschloss die Regierung am 16. Jänner auf Grundlage einer sozioökonomische Studie, in der die Auswirkungen des Baus der neuen Blöcke bewertet wurden. Die Studie sieht höhere Steuereinnahmen für die Gemeinden und eine Unterstützung der lokalen Wirtschaft vor, aber auch negative Auswirkungen wie eine erhöhte Verkehrsbelastung oder Risiken im Zusammenhang mit der Ansiedlung von etwa 10.000 neuen Einwohnern in der Region, sagte Premier Petr Fiala (ODS) nach der Kabinettssitzung.

"Es soll eine zentrale Informationsstelle für alle betroffenen Parteien eingerichtet und ein System zur rechtzeitigen Behebung möglicher negativer Auswirkungen auf Gemeinden und Regionen vorbereitet werden“, sagte Fiala. Ihm zufolge unterschätzt die Regierung die mit dem Bau neuer Blöcke verbundenen Risiken nicht, sie will ihnen vorbeugen.

3000 Wohnungen fehlen und die medizinischen Kapazitäten sind nicht vorhanden

Laut der Studie muss sich die Region auf fast 10.000 neue Einwohner einstellen, für die bis zu 3.000 Wohnungen fehlen könnten, sowie auf einen Mangel an medizinischen Kapazitäten. Die Studie sieht auch eine Zunahme des Autoverkehrs in der Region, die Notwendigkeit des Ausbaus lokaler Busdienste und die Modernisierung des Straßennetzes um Dukovany vor.

Die Studie wurde vom international tätigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG erstellt. KMPG befasste sich mit dem Gebiet von Iglau bis Brünn, mit Blick bis zum Jahr 2040. Die Autoren bewerteten u. a. die Bevölkerungsentwicklung, das Gesundheits- und Wohnungswesen, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, den Verkehr, das Notfallsystem und den Arbeitsmarkt. Die Untersuchung bezog sich auf die Einwohner, einschließlich Behörden, Unternehmen und Institutionen. Nach Ansicht der Verfasser birgt das Projekt sowohl Risiken, als auch Chancen für das Gebiet, wobei sich die positiven Auswirkungen wahrscheinlich erst spät zeigen werden.

Mangel an Facharbeitern und an Verwaltungspersonal

So rechnet man laut der Studie damit, dass in den 15 Jahren bis zur Fertigstellung bis zu 250 Milliarden Kronen (9,9 Mrd. Euro) in die lokale Wirtschaft fließen und bis zu 1.000 neue Unternehmen entstehen könnten. Profitieren könnten vor allem Verkehrs-, Bau-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Gleichzeitig besteht jedoch ein Mangel an Arbeitskräften mit technischer Ausbildung und in Verwaltungstätigkeiten. Die Steuereinnahmen der Gemeinden könnten dank der Zunahme der ständigen Einwohner voraussichtlich um bis zu 1,5 Mrd. Kronen (60 Mio. Euro) steigen. Allerdings könnten die Kommunen durch die vorübergehend Ansässigen wiederum eine halbe Milliarde (19,8 Mio. Euro) verlieren, da sie kein Geld aus dem Steuerhaushalt erhalten werden.

Quelle CTK

Kommentar: Wie bereits in der gesamten Legislaturperiode stellt sich die Regierung gefährlich naiv an. Immerhin handelt es sich um ein 10-12 Mrd.-Euro-Projekt. Schon bei der Vergabe des Auftrags hat die Regierung den Ablauf unterschätzt. Lizenz- und Ausschreibungsstreitigkeiten haben bereits zu einer einstweiligen Verfügung geführt. Ähnlich verhält es sich bei der Einschätzung der Durchführung. Niemand weiß, woher die Fachkräfte herkommen sollen, da auch die Nachbarn Polen und Ungarn um Fachkräfte buhlen, aber dabei bereits einen Schritt weiter sind. Zurzeit sind ohne Dukovany-Ausbau kaum Fachkräfte in der Region zu bekommen. Auch die Entstehung von 1000 neuer Firmen muss bezweifelt werden, da auch hier wieder gilt: Wo kommen die Fachleute her? Die Investoren von Wohnraum werden auch nicht in Massen auftreten. Zwar wird man in dem Zeitraum von 10-15 Jahren die Immobilien gut vermieten können, doch was macht man danach mit dem Wohnraum? Die Region kämpft schon einen geraumen Zeitraum mit Abwanderungen, und die Frage wird sein, ob sich die Investitionen rentieren, und ob Investoren überhaupt zu finden sind. Oder ob, wie so oft, der Steuerzahler dafür aufkommen muss. Die Regierung hatte Jahre Zeit für eine Analyse, aber nun gibt es kaum noch ein Zurück - und so wird dieser Großauftrag zum Experiment. Ausgang ungewiss.

wm


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