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06 Aug
Digitalisierung der Bauverfahren entwickelt sich zum nächsten politischen Chaos

Die Baubranche in Tschechien ist zur Zeit nicht zu beneiden. Nach den sogenannten "Arbeitsleistungsvereinbarungen", die in erster Linie die Baubranche betreffen, und bereits zum "größten bürokratischen Unsinn dieses Jahres" gekürt wurden, kommt nun ein Digitalisierungssystem für Bauverfahren, dessen Funktionalität zurzeit offenbar gespickt mit Fehlern ist. Dementsprechend gehen im Parlament bereits die Wogen hoch, und die Koalitionspartner beschuldigen einander gegenseitig.

Illustrationsbild: GettyImages

Dem Minister für regionale Entwicklung und Digitalisierung, Ivan Bartoš (Piraten), wurde nach Angaben der Koalition bis Ende August eine Frist gesetzt, um die Fehler im digitalisierten Bauverfahren zu korrigieren. Jan Jakob, Fraktionschaf der TOP'09, sagte in der Sendung "Partie Plus" auf CNN Prima News, er erwarte, dass Bartoš persönlich die Verantwortung übernehme, wenn das System bis zum Ende der Urlaubszeit nicht perfekt sei. Vertreter der Oppositionsbewegungen ANO und SPD haben bereits ihre Unterstützung bei einem Misstrauensantrag gegen Bartoš bekundet. 

System bereits seit Juli in Betrieb. Es hagelt Kritik

Das System wurde Anfang Juli in Betrieb genommen und ist offenbar so fehlerhaft, dass es Kritik von Behörden, Wirtschaftsverbänden und Baufirmen hagelte. Bartoš hat das System in den letzten Tagen verteidigt. Er hat auch den Vorwurf, dass das Ministerium nicht ausreichend kommuniziere, bestritten.

Petr Letocha, stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Klubs der Bürgermeisterbewegung (STAN) und Koalitionspartner der Piraten, ist fest davon überzeugt, dass das System bis Ende August voll funktionsfähig sein wird. "Wenn nicht, dann ist es an der Piratenpartei, daraus die politische Verantwortung zu ziehen. Wenn die Reparatur von Minister Bartoš oder jemand anderem geleitet wird, würde ich bis September warten", sagte er. Er ist jedoch der Meinung, dass es in erster Linie darum geht, wie die Funktionsfähigkeit des Systems sichergestellt werden kann.

ANO: Einführung kam zu früh. Test im Echtbetrieb keine Lösung

Patrik Nacher, stellvertretender Vorsitzender der ANO-Abgeordneten, kritisierte die Tatsache, dass das System nicht ordnungsgemäß getestet wurde. "So etwas Umfangreiches kann nicht im Echtbetrieb getestet werden", sagte er. Seiner Meinung nach hätte das Ministerium einen Gang zurückschalten und den Start der Digitalisierung auf Anfang nächsten Jahres verschieben müssen. 

"Die SPD möchte eine Sondersitzung des Parlaments zu diesem Thema einberufen. Es sei aber nicht sinnvoll, eine solche einzuberufen, nur damit die Politiker Bartoš beschimpfen können, sondern nur, wenn es darum gehe, die Situation zum Beispiel mit einer schnellen Änderung zu korrigieren", so Nacher.

SPD: "Größter Pfusch der staatlichen IT seit 1989"

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Radim Fiala hält die Digitalisierung der Bauverfahren für den "größten Pfusch der staatlichen IT seit 1989". Im Sender CNN Prima News plädierte er für den Rücktritt von Bartos. "Es ist seine politische Verantwortung, er hat das System nicht programmiert, aber er ist derjenige, der die Aufgaben verteilt hat. Wenn Sie jemanden in der Koalition haben, der mehr Managementfähigkeiten hat, um das zu gewährleisten, wird das die Lösung sein", sagte er den Koalitionspolitikern.

Bartoš zufolge steht sein Ministeriumin täglichem Kontakt mit Berufsverbänden, Vertretern der lokalen Regierungen und Behörden. "Wir nehmen ihre Rückmeldungen sehr ernst, beseitigen die wichtigsten Mängel so schnell wie möglich und versuchen, die Kommentare bei der weiteren Entwicklung der Informationssysteme zu berücksichtigen", sagte er. Er erinnerte daran, dass die Nutzer seit dem 1. Juli mehr als 4.200 Anträge über das Bauherrenportal gestellt haben. Mehr als die Hälfte davon werden von den Baubehörden und den zuständigen Stellen bereits bearbeitet. "Von insgesamt 1.900 Verfahren sind 200 abgeschlossen, wie z.B. Grundstücksteilungen und -zusammenlegungen oder Genehmigungen", so Bartoš.


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