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14 Aug
Erfolgreicher Widerstand gegen designierten Höchstrichter wegen dessen Urteilen für die ČSSR-Justiz

Obwohl der Senat in der vergangenen Woche den Kandidaten für das Amt des Höchstrichters am Verfassungsgerichtshof, Robert Fremr, mit 36 Stimmen der anwesenden 67 Senatoren bestätigt hat, wandten sich zwei Abgeordnete mit einem persönlichen Brief an Präsident Petr Pavel mit der Aufforderung, den Amtsantritt Fremrs im letzten Moment zu verhindern. Senator Marek Hilšer (MHS) und seine Kollegin Hana Kordová Marvanová argumentierten mit neuen Erkenntnissen, die Fremr als Richter in der kommunistischen Diktatur belasten. Der angehende Höchstrichter soll demnach von 1983 bis 1985 in über 100 Fällen Verurteilungen wegen "Auswanderung" ausgesprochen haben, was weitreichende Konsequenzen nicht nur für die verurteilten Personen, als auch für deren Angehörige und deren Umfeld bedeutete.

Robert Fremr, Richter mit KP-Vergangenheit, soll am 8. August als Höchstrichter am Verfassungsgerichtshof vereidigt werden

Bild: Mencmi – Vlastní dílo, CC BY-SA 3.0

Hilšer und Kordová Mavranová erklärten zuvor, dass die Anwesenheit Fremrs im Verfassungsgerichtshof im Lichte dieser Erkenntnisse unangemessen sei. "Das wird der Wahrnehmung der Justiz im Land schaden," schrieben sie an Pavel. Fremr, so Kordová Marvanova, ist bei weitem nicht der einzige, der im Kommunismus in ähnlichen Fällen Urteile gefällt hat. "Die einzige Möglichkeit, die ich jetzt sehe, ist, dass der Präsident Fremr nicht ernennt", sagte sie. Präsident Pavel hatte bis zum Abend des 6.8. nicht auf den Brief der Senatoren geantwortet.

"Ich habe Informationen aus drei verschiedenen Quellen erhalten, die ich für glaubwürdig halte. Ich habe sie am Freitag [4.8., Anm.] erfahren. Zusammen mit Senatorin Marvanova Kordová habe ich gestern Abend [5.8., Anm.] einen persönlichen Brief an den Präsidenten der Republik geschrieben", sagte Senator Hilšer gegenüber der Tageszeitung Echo24.cz.

"Ich halte die neuen Erkenntnisse für schwerwiegend, da Dr. Fremr vor dem Senat behauptet hat, er habe keine politischen Fälle verhandelt. Ich betrachte die Verurteilung tschechoslowakischer Bürger wegen der Ausreise ins Ausland, der Beschlagnahme von Eigentum und der Verfolgung von Familien als einen politischen Prozess und als Ausdruck tiefen Unrechts. Viele Familien wurden aufgrund dieser politischen Gräueltaten für viele Jahre getrennt. Richter Fremr hat diese Urteile abgesegnet. Menschen, die sich auf diese Weise an kommunistischem Unrecht beteiligt haben, sollten nicht in höchste richterliche Positionen befördert werden. Das schadet dem Ansehen der Justiz in unserem Land", setzte Hilšer fort.

Kordová Marvanová sagte, sie habe die Informationen von dem Historiker Petr Blažek erhalten und sie anschließend im Prager Stadtarchiv überprüft. "Die einzige Möglichkeit, die ich jetzt sehe, ist, dass der Präsident Fremr nicht ernennt und die Sache natürlich untersuchen lässt. Das ist meine Meinung und die Meinung von Herrn Hilšer, und deshalb haben wir den Brief geschrieben", fügte sie hinzu. "Wir würden uns freuen, die Meinung des Präsidenten zu hören. Bis jetzt haben wir noch keine Reaktion erhalten", sagte sie. Die Ernennung von Fremr soll am Dienstag, 8.8., erfolgen, so dass es noch möglich sei, die ganze Angelegenheit zu überdenken.

Regime-Karrierist, der das letzte Todesurteil in der Tschechoslowakei gefällt hat, soll oberster Hüter der Verfassung werden

Der heute 65-jährige Robert Fremr begann seine juristische Karriere 1982 als Amtsrichter des Bezirksgerichts Prag 4. Aus den ersten Jahren seiner Zeit als Richter stammten die Anschuldigungen, auf die sich die beiden Senatsabgeordneten in ihrem Schreiben an den Präsidenten bezogen haben. Zeitgleich tauchten auf der Rechercheplattform Hlídací pes (dt.: "Wachhund") Informationen darüber auf, dass Fremr auch ab 1988 in den berüchtigten Fall "Wolschaner Friedhof (tsch.: Olšanské hřbitovy)" involviert war. Das war ein Prozess, der von der Staatssicherheit StB manipuliert wurde, und in dem der 19-jährige Alexander Eret zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist. Im Oktober 1989, ein Monat vor dem Fall des Regimes, trat Fremr noch in die KSČ ein.

Fremr fällte das letzte Todesurteil der Tschechoslowakei. Zu dessen Vollstreckung kam es jedoch nicht, da die Todesstrafe vor dem Exekutionstermin abgeschafft worden ist. Er selbst bezeichnete sich danach als "Gegner der Todesstrafe". 

Nach der Samtenen Revolution konnte der Jurist seine Karriere fortsetzen. 2004 wurde er als Richter an den Obersten Gerichtshof der Tschechischen Republik berufen, ab 2006 richtete er unter anderem am Internationalen Ruanda-Tribunal, und von 2018 bis 2021 war Fremr Vizepräsident des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag.


--- UPDATE 7.8.2023: Bei seinem Besuch im Verfassungsgericht kündigte Präsident Pavel an, dass er Robert Fremr vorerst nicht zum Verfassungsrichter ernennen werde, obwohl seine Ernennung von den Senatoren gebilligt worden war. Das Staatsoberhaupt will zunächst die Informationen über seine Arbeit vor November 1989 überprüfen. Er plant, sich mit den Kritikern des Richters zu treffen und die verfügbaren Informationen zu lesen. ---

--- UPDATE 14.8.2023: Robert Fremr hat beschlossen, sich aus dem Rennen um das Amt des Verfassungsrichters zurückzuziehen. Er sagte, es sei ihm nicht gelungen, das Misstrauen eines Teils der Öffentlichkeit aufgrund seiner Amtszeit vor November 1989 zu beseitigen. Er wolle die Glaubwürdigkeit des Verfassungsgerichts nicht gefährden.


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