Die Tschechische Republik steht kurz vor einer Vereinbarung mit Deutschland, über die gemeinsame Nutzung von Gas in Notfallzeiten. Dies erklärte Industrieminister Jozef Síkela nach einem Treffen mit dem deutschen Wirtschafts- und Klimaminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), in Prag. Laut Síkela hat die Tschechische Republik ein eminentes Interesse an einer Beteiligung an den entstehenden deutschen LNG-Terminals.
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Síkela sagte, dass er und Habeck im Rahmen des German Czech Economic Forums eine Solidaritätsvereinbarung erörterten, in der die Bedingungen festgelegt sind, unter denen Deutschland im Notfall Gas mit der Tschechischen Republik teilen werde. "Ich glaube, dass wir bedeutende Fortschritte gemacht haben und bald in der Lage sein werden, unser gemeinsames Abkommen abzuschließen", sagte Síkela, ohne auf Details einzugehen. Er ergänzte, die tschechische Wirtschaft sei stark mit der deutschen verflochten, sodass es gilt: "Wenn es der deutschen Industrie gut geht, hilft es auch der tschechischen ".
Der Minister wies auch darauf hin, dass ihn die einheimische Opposition für die These, dass ein Teil der deutschen Industrie stillstehen werde, wenn in Tschechien Gasmangel herrscht, verspottet haben. "Sollte das eintreten, werden wir das notwendige Gas von den Deutschen bekommen. Wir stehen kurz bevor, die Parameter festzulegen, unter denen dies durchführbar ist. Uns ist auch bewusst, dass Deutschland dadurch ein Verlust entsteht, darum wurde auch besprochen wie man diesen kompensieren kann.", sagte Síkela. Weitere Einzelheiten wurden jedoch keine genannt.
Angesichts der Energiesituation sprachen Síkela und Habeck auch über die in Deutschland entstehenden Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven und Brunsbüttel bei Hamburg. "Ich habe dem Minister gesagt, dass wir im Namen der Tschechischen Republik sehr an einer Beteiligung an einem dieser Projekte interessiert sind. Deutschland ist ein wichtiger Partner für unseren Plan, von russischen fossilen Brennstoffen wegzukommen", so Síkela weiter.
Síkela und Habeck sprachen auch über Verbesserungen des befristeten Krisenrahmens für die Unterstützung großer Unternehmen, die von der Aggression Russlands gegen die Ukraine betroffen sind, und über die hohen Energiepreise, die von der Europäischen Kommission Ende März beschlossen wurden. "Wir möchten die Europäische Kommission auffordern, so bald wie möglich einen ersten Vorschlag vorzulegen. Wir glauben, dass dies im Interesse der gesamten Wirtschaft in der Europäischen Union ist", forderte der tschechische Minister.
Die Europäische Union versucht, das Problem der hohen Energiepreise für die gesamte EU-27 zu lösen, aber die einzelnen EU-Länder kochen bereits ihre eigene Suppe. So kündigte die deutsche Regierung im September an, bis zum Frühjahr 2024 bis zu 200 Milliarden Euro zur Regulierung der hohen Energiepreise über einen Stabilisierungsfonds bereitzustellen, wofür sie in der EU insbesondere von kleineren Ländern kritisiert wurde.
Die tschechische Regierung hat ihrerseits Anfang Oktober Höchstpreise für Strom und Gas für Haushalte, Niederspannungsunternehmen und Versorgungsbetriebe festgelegt und die Kosten für diese Maßnahme auf rund 130 Milliarden Kronen (5,3 Mrd. Euro) geschätzt. Ab dem 1. November sollen 30 Mrd. Kronen (1,22 Mrd. Euro) für die Unterstützung großer Unternehmen bereitgestellt werden. Zusammen mit anderen Maßnahmen werden die Beihilfen in Tschechien vermutlich mehr als 200 Mrd. Kronen (8,1 Mrd. Euro) betragen.
Habeck diskutierte in Prag auch mit dem Minister für regionale Entwicklung, Ivan Bartoš (Piraten), über die Begrenzung der Auswirkungen der hohen Energiepreise auf große Unternehmen. "Ich bin froh, dass der Vizekanzler die Problematik auch so wie ich sieht", sagte Bartoš nach dem Treffen. Nach Angaben der Sprecherin des Regionenministeriums, Veronika Hešíková, diskutierten die Minister auch über Solarenergie und die Möglichkeiten ihrer Nutzung für Haushalte und kommunale Energie.