Das Flaggschiff der mitteleuropäischen Industriemessen, die Brünner Maschinenbaumesse (MSV), nimmt wieder an Fahrt auf. Trotz Nachwirkungen der Coronakrise gelang es den Veranstaltern, acht Messehallen zu füllen und über 1200 Aussteller in die mährische Hauptstadt zu holen. Der Ansturm an Besuchern war am Eröffnungstag enorm, sodass die Brünner Messegesellschaft BVV auf eine erfreuliche Endbilanz hoffen darf. Die MSV will heuer "Wege zu smarter und effizienter Industrie" aufzeigen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Industriedigitalisierung. Und wer sonst kann dem tschechischen Publikum die Erfordernisse des digitalen Zeitalters besser veranschaulichen, als ein Bierzapfroboter? Der vollautomatische Gerstensaftspender ist bereits am ersten Tag der Messe zum heimlichen Star der MSV 2022 avanciert.
Eröffnung des Nationalen Standes der Tschechischen Republik: v.l.n.r.: Tomáš Moravec (Hauptgeschäftsführer der Messe Brünn), Tomáš Kozák (Vize-Außenminister), Jozef Síkela (Industrieminister) und Miloš Vystrčil (Senatspräsident)
Bild: BVV
In den Eröffnungsreden stand die Erleichterung über das Zustandekommen einer großen Maschinenbaumesse nach den zahlreichen Corona-Einschränkungen im Vordergrund. "Ich sehe es als wichtig an, dass wir wieder gemeinsam, persönlich, intensiver und mehr kommunizieren und sprechen können", sagte Senatspräsident Miloš Vystrčil. "Die Tschechische Republik ist ein Land, das von der heimischen Industrie lebt, und Aufgabe der Internationalen Maschinenbaumesse ist, dass die einzelnen Marktplayer hier Kooperationen vereinbaren und sich gegenseitig unterstützen", fügte er hinzu.
Industrieminister Jozef Síkela präsentierte den Nationalen Stand der Tschechischen Republik auf der MSV, an dem sich neben dem Industrie- auch das Außen- und das Verteidigungsministerium, Agenturen, Banken und weitere Institutionen beteiligt haben. "Maschinenbaufirmen, Exporteure und weitere Unternehmer können hier an einem Ort die ganze Palette staatlicher Assistenz kennen lernen und sofort die ineinander greifenden Services nutzen", sagte Síkela. "Ich hoffe, Sie werden die Gelegenheit nutzen, hier zur gleichen Zeit Vertreter sowohl der Regierung, als auch einzelner Organisationen an einem Ort treffen zu können", ergänzte Tomáš Moravec, Hauptgeschäftsführer der BVV.
Digitale Fabrik 2.0
Teil der Internationalen Maschinenbaumesse ist auch die Sonderschau "Digitale Fabrik 2.0", deren diesjährige 3. Auflage in Halle F eine Rekordfläche belegt. Den Messebesuchern bietet sie die Gelegenheit, Angebote von mehr als 40 Firmen kennen zu lernen, die sich in der Welt der digitalisierten Industrie bewegen. "Die Sonderschau Digitale Fabrik belegt somit eine historische Rekordfläche", bestätigte der Direktor der MSV, Michalis Busios.
"Goldener Partner" der Sonderschau ist die Firma Siemens, deren Präsentation auf flexible, robuste und energiesparende Produktionen ausgerichtet ist. Erstmals präsent sind sechs innovative finnische Firmen unter der Federführung von Team Finland. "Das ist die Premiere einer offiziellen Gemeinschaftsbeteiligung aus Finnland auf der MSV", sagte Busios.
Digitalisierung in der Praxis: Bierzapfroboter
Bild: Powidl.eu/Stefan Weiß
Dass das Thema Industriedigitalisierung nicht gar so "trocken" aufgenommen wird, dafür sorgt der von der Firma Kuka entwickelte Bierzapfroboter, der die Besucher gekonnt mit professionell gezapftem Pilsner Urquell-Bier versorgt. Der Roboter befindet sich im Bereich der Digitalen Fabrik, wo auf einer "Technologieinsel" vom Nationalen Zentrum für Industrie 4.0 eine bunte Schau an Innovationen, basierend auf einem 5G-Industrienetz, zusammengestellt worden ist. Als Partner für diese Exposition fungieren T-Mobile und die Česká spořitelna.
Fünf weitere Industrie-Fachmessen mit der MSV
Tragender Pfeiler der Messe sind Werkzeug- und Umformmaschinen, die auch dieses Jahr repräsentativ vertreten sind und durch die Fachmesse IMT in ein besonderes Rampenlicht gestellt werden. Zeitgleich mit der Maschinenbaumesse finden vier Technologiemessen statt: auf Gießereitechnik ist die Fond-Ex ausgerichtet, auf Schweißtechnik die Welding, auf Oberflächenbehandlung die Profintech und auf die Kunststoffindustrie die Plastex.
Die Messen werden von zahlreichen Konferenzen begleitet. Auf der "Digital Stage" finden Fachgespräche und Podiumsdiskussionen statt, die live auf der Messe bzw. per Online-Stream im Internet übertragen werden. Themen sind unter anderem künstliche Intelligenz, 5G-Netze, die Digitalisierung in Start-Ups und die Nutzung von Informationssystemen.
Am Donnerstag, dem 6. Oktober, findet die internationale Konferenz "Biomorphe Industrie" statt, bei der es um Visionen für die tschechische Wirtschaft unter Einsatz künstlicher Intelligenz als grundlegenden Ansatz für Digitalisierung auf Firmenebene und auf der Ebene staatlicher Institutionen geht.
Präsentationen auf nationalen Gemeinschaftsständen
Viele Länder bieten ihren Unternehmen die Möglichkeit, ihre Angebote auf gemeinsamen nationalen Messeständen zu präsentieren. Traditionell stark ist hier das Nachbarland Österreich, das bei den Teilnehmerzahlen an das Vor-Corona-Niveau anknüpfen konnte und die zweitstärkste Besetzung hinter dem Rekordjahr 2019 aufweisen kann. "Wir konnten heuer einen guten Mix aus treuen und neuen Firmen gewinnen. Zu den Treuen zählen Unternehmen, die nahezu jedes Jahr an der MSV vertreten sind, dazu gibt es eine Reihe von Firmen, die heuer zum ersten Mal dabei sind", sagte der Leiter des WKO-Marketingbüros Brünn, Martin Žák, gegenüber österreichischen Pressevertreterinnen und -vertretern.
Die österreichische Botschafterin Bettina Kirnbauer und der Leiter des WKO-Marketingbüros Brünn, Martin Žák, am Österreich-Stand der MSV.
Bild: Powidl.eu/Stefan Weiß
Auch die Slowakei ist auf der Maschinenbaumesse mit einem großen Gemeinschaftsstand vertreten. Ungarn und das bereits erwähnte Finnland bieten ebenfalls gemeinsame Präsentationsräume. Auch dieses Jahr sind Unternehmen aus Bayern mit einem gemeinsamen Stand sehr stark vertreten, dazu kommt die französische Region Auvergne-Rhône-Alpes, die heuer erstmals den offiziellen Status einer Partnerregion der Maschinenbaumesse Brünn trägt.
Trotz des durchaus begründeten Optimismus spiegelt sich die derzeitige globale wirtschaftliche und politische Situation auch in der Brünner Messe wider. Aufgrund der Nachwirkungen von Corona einerseits, aber auch wegen des Ukraine-Krieges und der Sanktionspolitik andererseits, kann die Messe ihre traditionelle interkontinentale Brückenfunktion nicht erfüllen. Aussteller und Gäste aus China sind ausgeblieben, an eine Teilnahme von Firmen aus Russland ist ohnehin nicht mehr zu denken. Fernost ist hauptsächlich mit einer Delegation aus Taiwan, die auf der Brünner Messe einen gut besetzten Gemeinschaftsstand betreibt, vertreten.
Abseits der weltpolitischen Lage geht heuer eine starke Präsenz anderer wichtiger Schwellenländer wie Indien, die Türkei, der Iran, die zentralasiatischen Ex-Sowjet-Republiken oder Vertreter aus dem arabischen Raum ab, für die die MSV im Laufe der Jahre zur Schnittstelle in der Geschäftsanbahnung mit mitteleuropäischen Firmen geworden ist.