Der US-amerikanische Medienkonzern Bloomberg hat einen Beitrag über die tschechische Milliardärin und Witwe von Petr Kellner, Renáta Kellnerová, und ihre Rolle bei der Führung des Familienomperiums PPF-Group in enger Zusammenarbeit mit dem CEO der Unternehmensgruppe, Jiří Šmejc, veröffentlicht. Demnach werde sich der Schwerpunkt der Aktivitäten des Imperiums stärker in den Westen verlagern. Auf der Grundlage eines E-Mail-Interviews mit Renáta Kellnerová listet der Artikel wichtige PPF-Transaktionen der letzten Zeit auf.
Renáta Kellnerová
Bild: PPF-Group
Als der reichste Mann "Osteuropas", Petr Kellner, 2021 bei einem Hubschrauberabsturz in Alaska ums Leben kam, kannte kaum jemand den Namen seiner Frau. Fast vier Jahre später ist Renáta Kellnerová, obwohl sie selbst nie ins Rampenlicht getreten ist, das Gesicht eines Unternehmens mit Wurzeln in der Tschechischen Republik - ein Imperium der Telekommunikation, der Medien, der Finanzdienstleistungen und des elektronischen Handels, das 61.000 Menschen in 25 Ländern beschäftigt. In der Region (Osteuropa) ist PPF unter anderem ein Begriff als Eigentümer von privaten Fernsehsendern in sechs Ländern und als einer der größten Mobilfunkbetreiber (O2) in der Tschechischen Republik.
Mit Vermögenswerten im Wert von 43 Milliarden Dollar war die PPF-Gruppe einer der Hauptgewinner des postkommunistischen Übergangs in der Tschechischen Republik, deren Erfolg Petr Kellner zur Expansion in die schnell wachsenden Märkte Russlands und Chinas nutzte. Da jedoch der Einmarsch Russlands in die Ukraine die Geopolitik und die Geschäftswelt auf den Kopf gestellt hat, zieht es die PPF, nun vor, näher an die Heimat heranzurücken.
Erster öffentlicher Auftritt in den Medien seit der Übernahme
In einem E-Mail-Austausch mit Bloomberg News, ihrem ersten öffentlichen Auftritt in den Medien seit der Übernahme der PPF, beschrieb Kellnerová eine schwierige Zeit, in der sie sich nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes in die komplexen Abläufe des Unternehmens einarbeiten musste. "Die oberste Priorität war es, die Stabilität von PPF zu gewährleisten und dann mit der Weiterentwicklung des Unternehmens zu beginnen", sagte sie. "Ich erkannte, dass PPF für mich eine persönliche Angelegenheit war, und dass meine Aufgabe darin bestand, unsere Kinder auf die Möglichkeit vorzubereiten, die Gruppe eines Tages selbst zu leiten."
Seit sie das Ruder übernommen hat, hat die 57-Jährige dem Unternehmen ihren Stempel aufgedrückt. Sie hat dafür gesorgt, dass sich das Geschäft in Asien - einst eine wichtige Einnahmequelle - deutlich verlagert hat und PPF sich wieder auf die westlichen Märkte konzentriert. Sie wählte einen neuen CEO und trennte sich von einigen engen Verbündeten ihres verstorbenen Mannes. Sie brachte das Unternehmen vollständig in Familienbesitz, indem sie zwei Minderheitsaktionäre auskaufte und dann sich selbst und ihre drei Töchter mit der Leitung einer neuen Holdinggesellschaft beauftragte, die ihr gesamtes Vermögen umfasst.
Kellnerová: "Wir sind in der Lage, Entscheidungen über Transaktionen am Wochenende zu treffen".
Heute ist Kellnerová mit einem geschätzten Nettovermögen von 11,8 Milliarden Dollar laut dem Bloomberg Billionaire Index die reichste Frau der Region, und sie widmet immer mehr Zeit den wichtigen Investitionsentscheidungen. Sie nennt ihre enge Zusammenarbeit mit dem CEO von PPF, Jiří Šmejc, einem der früheren Investitionspartner von Petr Kellner, als einen zentralen Aspekt ihres Ansatzes. "Wenn die Situation es erfordert, sind wir in der Lage, Entscheidungen über Transaktionen am Wochenende zu treffen", sagte sie. "Bei PPF sind wir stolz darauf, dass wir sehr flexibel auf Investitionsmöglichkeiten reagieren können."
PPF hat mehrere große Transaktionen abgeschlossen, darunter den Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung an seinem Telekommunikationsgeschäft in Ost- und Mitteleuropa für 2,15 Milliarden Euro an die Emirates Telecommunications Group Co. aus Abu Dhabi. Die Home Credit Group BV, die Konsumfinanzierungssparte von PPF, hat außerdem ihre philippinischen und indonesischen Vermögenswerte verkauft. Die Transaktionen hatten einen Wert von rund 615 Millionen Euro (669 Millionen US-Dollar). Dies trug dazu bei, die Rentabilität von PPF auf das Niveau vor der Pandemie zu heben, mit einem Nettogewinn von 709 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2023. Im Jahr davor hatte die Gruppe noch einen Verlust von 406 Millionen Euro verbucht, der hauptsächlich auf den kostspieligen Ausstieg aus Russland zurückzuführen war.
Ausstieg aus Asien und Verlagerungen in den Westen
Zwar gibt es noch keinen genauen Zeitplan für den vollständigen Ausstieg aus Asien, aber "der Schwerpunkt unseres Geschäfts hat sich in den letzten drei Jahren nach Westen verlagert", so Kellnerová.
Angesichts reichlich vorhandener Barmittel und höherer Zinssätze, die sich auf die Bewertungen privater und börsennotierter Vermögenswerte auswirken, ist PPF auf der Suche nach neuen Übernahmezielen in Europa. Die größten Käufe waren bisher eine Beteiligung an InPost SA, einem polnischen Unternehmen, das Selbstbedienungsbriefkästen für die Paketzustellung betreibt, und der schrittweise Aufbau einer Aktionärsposition beim deutschen Fernsehunternehmen ProSiebenSat.1 Media SE.
Wie ihr verstorbener Mann, ist auch Kellnerová nicht sehr öffentlichkeitsorientiert und schützt die Privatsphäre ihrer Familie sorgfältig. Sie wollte keine Angaben zu den spezifischen Investitionszielen machen, die ihr Unternehmen verfolgt oder verfolgen könnte. PPF plant, seine vier Hauptinvestitionssäulen - Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Medien und E-Commerce - beizubehalten, aber, wie sie anmerkte, "dies schließt kleinere opportunistische Investitionen nicht aus". Da die Gruppe kein typischer Investmentfonds mit einem festgelegten Anlagehorizont ist, "können wir geduldig sein", meinte sie. "Daher sind kurzfristige Renditen für uns kein wichtiges Kriterium, wenn wir eine Investitionsmöglichkeit in Betracht ziehen."
Die Geschichte der PPF-Group
PPF, das heute ein komplexes Netzwerk von Unternehmen ist, begann seinen Aufstieg kurz nach dem Fall des Kommunismus. Kellner gründete es Anfang der 1990-er Jahre, als die damalige Tschechoslowakei mit dem Verkauf von Staatsvermögen im Rahmen eines Programms begann, das Kupons ausgab, die die Bürger entweder gegen Unternehmensanteile eintauschen oder in Fonds anlegen konnten.
Im Jahr 1991 legte Kellner einen Fonds auf, der Anteile an 202 Unternehmen erwarb. Nach eigenen Angaben verwaltete das Unternehmen, das damals unter dem Namen PPF Group bekannt wurde, das sechstgrößte damals verfügbare Vermögen. Im Laufe der Zeit erwarb PPF einen Anteil von 20 Prozent an der Česká pojištovna, der größten Versicherungsgesellschaft des Landes (die sie dann vollständig übernahm, Anm.), und bildete damit die Grundlage für Kellners Vermögen. Im Jahr 2013 verließ er das Unternehmen und verkaufte seine Versicherungsaktiva für 3,3 Milliarden Dollar an die italienische Generali.
Während Kellner sein Imperium aufbaute, widmete sich seine Frau der Kellner-Familienstiftung (Nadace Educa, später The Kellner Family Foundation), einer der ersten philanthropischen Organisationen in der Tschechischen Republik, die insgesamt fast 2 Milliarden CZK (89 Millionen Dollar) für soziale Projekte und Bildungsstipendien gespendet hat. Kellnerová hat diese Perspektive in ihre neue Position eingebracht und beschrieb PPF als ein Unternehmen, das "soziale Verantwortung über den Horizont der Wirtschaft hinaus" trägt.
Quelle: Aktualni: PPF Group
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