Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat im April seine Prognose zur weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung aktualisiert und veröffentlicht. Die Daten verheißen aber nichts Gutes. Europa wird weiterhin ein schwaches Jahr haben, in dem das Wachstum nur knapp über der Nulllinie liegen wird, während andere Nationen, allen voraus Russland, besser abschneiden werden. Die Schere zwischen Europa und Russland wird sich laut den Daten schließen. So war das sicherlich nicht gedacht. Die Prognosen für Tschechien wurden nach unten korrigiert, was die Regierung aber anders sieht, schrieb Vladimír Pikora, Chefvolkswirt bei Comfort Finance Group, in seinem Beitrag für ČTK-Protext.
Vladimír Pikora, Chefvolkswirt bei Comfort Finance Group
Bild: Facebook/Vladimír Pikora
Der IWF hat seine Prognosen für die Tschechische Republik erneut nach unten korrigiert: Während im Oktober ein Wachstum von 2,3 Prozent prognostizierte wurde, waren es im November nur noch 1,2 Prozent - und nun sind es 0,7 Prozent.
Prognose des tschechischen Finanzministerium deutlich besser als die vom IWF - Wahlpropaganda?
Interessanterweise erwartet das tschechische Finanzministerium bei einem momentanen Wachstum von 1,4 Prozent eine Steigerung auf 2,6 Prozent für das nächste Jahr. Das ist merkwürdig, denn normalerweise gibt es keinen so großen Unterschied zwischen den Prognosen der Institutionen. Es stellt sich die Frage, ob dies daran liegt, dass Wahlen anstehen und die Wirtschaft in einem besseren Licht dargestellt werden muss. Man kann diese Frage jetzt noch nicht beantworten, aber man wird es in einigen Monaten wissen. Auf jeden Fall sind die Zahlen gut für die Politiker. Wenn die Wirtschaft schneller wachsen sollte, wird Tschechien eine Reihe von Parametern erfüllen, wie z.B. die Maastricht-Kriterien, die die Einführung des Euro ermöglichen würde, die von vielen Regierungsparteien gefordert wird.
Tschechien wird voraussichtlich das schwächste Wachstum der V4 haben
Fakt ist aber auch, dass Tschechien voraussichtlich das schwächste Wachstum der Visegrád-Staaten (V4) haben wird. Der IWF geht davon aus, dass das slowakische BIP in diesem Jahr um 2,1 Prozent wachsen wird. Für Ungarn wird ein Wachstum von 2,2 Prozent, und für Polen von 3,1 Prozent vorausgesagt. Dies deutet darauf hin, dass die Tschechischen Republik ein weiteres verlorenes Jahr haben wird. Tschechien wird dieses Jahr nicht einmal das Ergebnis von vor Covid erreichen.
Deutschland und Frankreich verlieren den Atem
Der IWF schätzt, dass sich die Situation in Europas größter Volkswirtschaft verschlechtern wird. Deutschland soll von allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften am schlechtesten abschneiden. Im Januar hieß es noch, die deutsche Wirtschaft werde um 0,5 Prozent wachsen, jetzt werden nur noch 0,2 Prozent erwartet. Die Probleme liegen auf der Hand. Die Wirtschaft leidet aus demografischen Gründen. Es herrscht ein Mangel an Arbeitskräften, und sie kämpft auch damit, sich in eine grüne Industrie zu verwandeln.
Diese Probleme hat allerdings nicht nur Deutschland, auch in Frankreich wird sich das Wachstum gegenüber ursprünglicher Prognosen von 1 Prozent auf 0,7 Prozent abschwächen.
Möglicherweise wird der IWF seine Schätzung erneut senken, da es für Europa bereits eine Warnung vor einem möglichen Zusammenbruch der Lieferketten gibt. Dies würde zu einer geringeren Produktion und höheren Preisen führen.
Sanktionen gegen Russland zeigen offensichtlich keine Wirkung - ganz im Gegenteil
Der IWF hat auch seine Erwartungen für die russische Wirtschaft veröffentlicht. Eigentlich sollten man nach den Prognosen vor zwei Jahren einen einen gewaltigen Einbruch erwarten. Es wurde kolpotiert, dass es in Russland eine Katastrophe geben würde, sobald SWIFT weg ist. Aber nichts dergleichen ist passiert. Das liegt übrigens auch daran, dass SWIFT Russland nie ganz verlassen hat.
Den Daten zufolge wächst Russland von den Volkswirtschaften, die der IWF als fortgeschrittene Volkswirtschaften bezeichnet, am schnellsten. Im Gegensatz zu Mitteleuropa verbessert der IWF hier allmählich die Aussichten. Im Januar erwartete er für Russland noch ein Wachstum von 2,6 Prozent, im April lag der Prozentsatz bereits bei 3,2. 2025 rechnet er mit einem Rückgang auf 1,8 Prozent. Aber das ist noch immer ein sehr hohes Wachstum.
Es liegt klar auf der Hand, dass mit den Sanktionen gegenüber Russland etwas nicht stimmt.
Es zeigt sich, dass Russlands Wirtschaft sich schnell und effektiv in eine Kriegswirtschaft verwandelt hat. Es kann problemlos mit Sanktionen umgehen. Das Land ist plötzlich autarker. Der Inlandsverbrauch hat sich nicht wesentlich verändert, ebenso wenig wie die inländischen Investitionen.
Es liegt klar auf der Hand, dass mit den Sanktionen etwas nicht stimmt. Sie müssen entweder verschärft oder abgeschafft werden. Der Status quo ist ein Scherbenhaufen.
Quelle: ČTK Protext, Vladimír Pikora, Chefvolkswirt, Comfort Finance Group - E-Mail: vladimir.pikora@cfg.cz
Die CFG Group ist seit über 10 Jahren auf dem tschechischen Finanzmarkt tätig. Sie bietet Anlegern, Emittenten, Kunden und Partnern einen hochwertigen Service. Sie betreibt auch das Portal Dluhopisomat.cz, das am besten bewertete Werbeportal für Anleihen in der Tschechischen Republik.
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