Am 27. September hat die Regierung die Eckdaten des Staatshaushalts für 2024 verabschiedet, der ein Defizit von 252 Milliarden CZK (10,4 Mrd. Euro) vorsieht. Die Einnahmen sollen 1,94 Billionen CZK (79,6 Mrd. Euro) und die Ausgaben 2,192 Billionen CZK (90 Mrd. Euro) erreichen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der laut Premier Petr Fiala (ODS) "verantwortungsvolle Haushaltsentwurf" unter Beschuss von Wirtschaftsexperten geriet. So haben beispielsweise der ehemalige Finanzminister Miroslav Kalousek aus den Reihen des Koalitionspartners TOP'09 und der führende Wirtschaftswissenschaftler Lukáš Kovanda auf Ungereimtheiten im Entwurf hingewiesen. Kalousek stieß sich besonders an den veranschlagten Einnahmen, die er "unter Wasser" sah.
Miroslav Kalousek gründete 2009 gemeinsam mit KarelSchwarzenberg die wirtschaftsliberale Partei TOP'09 und war 2007-2009 und 2010-2013 Finanzminister der Tschechischen Republik
Bild: Facebook/Miroslav Kalousek
Nach Ansicht des Ökonomen Lukáš Kovanda droht das geplante Defizit des Staatshaushalts statt der ursprünglich veranschlagten Summe, die Höhe von 300 Milliarden CZK (12,3 Mrd. Euro) zu erreichen. "Das Kabinett hat sich im Grunde damit abgefunden, die absolute Höhe des Haushaltsdefizits zu reduzieren. Die ganze Wirkung des viel diskutierten Pakets verpufft wie Dampf über einem Topf", schrieb er an die Tageszeitung Blesk.
Ihm zufolge liegt das realistische Defizit bei etwa 296 Mrd. CZK. "Zu dieser Zahl von 252 Mrd. CZK, die als 'Marketing' zu verstehen ist, müssen wir etwa 20 Mrd. CZK an Einnahmen hinzurechnen, die bei weitem nicht garantiert sind, und im Haushaltsvorschlag der Regierung in letzter Minute auftauchten", so der Ökonom und Publizist Kovanda. Darüber hinaus habe die Regierung weitere 26 Mrd. CZK ihres Defizits an den staatlichen Fonds für die Verkehrsinfrastruktur überwiesen, um - wiederum - das Defizit optisch zu verbessern.
Insgesamt soll das Konsolidierungspaket das Defizit daher realistischerweise nur um Milliardenbeträge verringern. "Entweder, weil die Regierung die gesamte Wirkung des Pakets falsch eingeschätzt hat, oder weil in der Zwischenzeit andere Ausgaben gestiegen sind oder die Einnahmen gesunken sind - was im Mai noch nicht abzusehen war", erklärte Kovanda.
"Die tschechischen Staatsfinanzen sind in eine Falle getappt, und wie der Haushalt für das kommende Jahr zeigt, wird der Ausweg äußerst schwierig sein", so Vít Hradil, Chefökonom bei Cyrrus, gegenüber der Nachrichtenplattform idnes.cz. "Die Planung eines Defizits in Höhe von 252 Milliarden CZK in einer Situation, in der ein Wirtschaftswachstum erwartet wird und die Arbeitslosigkeit praktisch bei Null liegt, ist ein Beispiel für Verschwendungssucht, und die Tschechische Republik hat eindeutig die Absicht, ihre Position als das Land mit der am schnellsten wachsenden Verschuldung in der Europäischen Union zu halten. Die Verbesserung im Vergleich zu diesem Jahr ist rein kosmetisch", sagte er. Er bezeichnete den endgültigen Vorschlag zum Budget als "eher enttäuschend".
TOP'09-Mitbegründer Kalousek: "Ich konnte nicht für diesen Antrag stimmen."
Der von der Regierung genehmigte Haushaltsplan für 2024 gefällt selbst dem ehemaligen Finanzminister und TOP'09-Mitbegründer Miroslav Kalousek nicht. Der Wirtschaftspolitiker legte auf seinem Facebook-Profil seine Meinung zum Regierungsentwurf dar. "Im Vergleich zur makroökonomischen Prognose vom Juli, auf die sich die Einnahmenschätzung stützen sollte, hat die Regierung die Einnahmen um 19 Milliarden 'aufgestockt', um die Ausgaben um 19 Milliarden zu erhöhen. Sie werden die Ausgaben mit Sicherheit ausgeben, die Einnahmen sind völlig unter Wasser", postete er.
Wie der Ökonom Kovanda kritisierte auch Kalaousek, dass die Regierung 26 Milliarden des Defizits auf den staatlichen Verkehrsinfrastrukturfonds übertragen hat, ohne diesen Betrag dem Haushaltsdefizit hinzuzufügen. "So wird das Staatsdefizit auch im nächsten Jahr die 300-Milliarden-Grenze angreifen und weit über 3% des BIP liegen. Dies ist keineswegs ein verantwortungsvoller Haushalt. Es ist ein Haushalt, der die Zukunft extrem verschuldet und die Inflation stark fördern wird", heißt es in der Kurzanalyse des Ex-Ministers.
Kalousek übernahm mit seiner Stellungnahme die Argumentation der Opposition. Ex-Finanzministerin Alena Schillerová, die Vorsitzende des parlamentarischen Clubs der ANO, hat sich der Kritik gegen den Haushaltsentwurf von Finanzminister Zbyněk Stanjura (ODS) angeschlossen. "Leider hat Herr Stanjura auch nach zwei Jahren seine Hausaufgaben nicht gemacht und die versprochenen Einsparungen im Bereich der Subventionen nicht umgesetzt. Stattdessen wird der Haushalt den tschechischen Familien, die Zehntausende von Kronen pro Jahr verlieren werden und die Hauptverlierer dieses Vorschlags sind, einen schweren Schlag versetzen. Der zweite Verlierer ist unser Gesundheitswesen, das ein Drittel seines Budgets verlieren wird. Der dritte Verlierer ist die Zukunft der Tschechischen Republik, die unter den drastischen Kürzungen in den Bereichen Verkehr, Industrie und lokale Entwicklung leiden wird", sagte sie gegenüber Blesk.
Die Regierung verteidigte ihren Haushaltsentwurf gegenüber den Kritikern. "Nach vielen Jahren wird die Tschechische Republik wieder unter die Drei-Prozent-Grenze fallen, die in den sogenannten Maastricht-Kriterien festgelegt ist. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag das Defizit der öffentlichen Finanzen bei 5,8 Prozent des BIP", sagte Premier Fiala.
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