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17 Nov
Präsidentschaftswahl: Gläserne Wahlkampfkonten werden für unliebsame Botschaften genutzt

Es gibt nicht viele Länder auf der Welt, in der die Spendeneingänge auf die - offiziellen - Wahlkampfkonten von Politikern derart übersichtlich, transparent und für jedermann einsichtlich sind, wie in Tschechien. Die "Gläsernen Konten" werden nun von unzufriedenen Bürgern für das Phänomen "Spenden-Shitstorm" genutzt. Denn bei Überweisungen auf ein Wahlkampfkonto ist der Text des "Verwendungszwecks" ebenfalls für alle einsehbar und bietet einen Raum für Botschaften, auf die die Kandidaten keinen Einfluss haben. So wurden in den letzten Tagen die Konten der beiden aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten, ANO-Parteichef Ex-Premier Andrej Babiš und der ehemalige NATO-General Petr Pavel mit Überweisungen von einem Heller (0,04 Cent) geradezu überschüttet. Die Botschaften im "Verwendungszweck" sind wenig schmeichelhaft.

Screenshot: Transparentní účet Andrej Babiš/Komerční banka

140 Zeichen, soviel wie eine Twitter-Meldung, bietet dieses Feld zur Beschreibung, wofür das gespendete Geld gedacht wäre. "Für eine Jogginghose. Im Bau ist's kalt", lautete etwa die Botschaft eines Babiš-"Unterstützers", dem diese Nachricht eine Überweisung von einer Krone (4 Cent) wert war. "Für einen Sprachkurs" ist zu lesen - Babiš hat einen starken slowakischen Akzent -, oder einfach nur "Gehen Sie. Bitte!" Besonders oft wird dabei Babiš' ungeklärte Rolle im Staatssicherheitsdienst StB in der ČSSR vor der Wende thematisiert. Andere "Verwendungszweck"-Botschaften sind voll mit Schimpfworten und persönlichen Beleidigungen, die hier nicht wiedergegeben werden sollen.

Die "Spendenflut" auf die Kandidaten-Konten hat rund um den "Tag der Demokratie" am 17.11. ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Aufgrund der öffentlichen Diskussion haben sich die gläsernen Konten schon beinahe zu einer Art Social Media entwickelt.

Auch Babiš' aussichtsreicher Gegenkandidat Petr Pavel bekommt auf diesem Wege sein Fett ab. Der General, der am Höhepunkt seiner Karriere den höchsten militärischen Rang der NATO innehatte, wurde zur Zielscheibe von Gegnern der westlichen Militärallianz, die ihn als Kriegstreiber bezeichnen und ihm vorwerfen, Tschechien in einen Krieg mit Russland hinein zu ziehen. Für eine Spende von einem Heller wurden im Feld "Verwendungszweck" auch mehrere Links zu Zeitungsartikeln und Blogbeiträgen übermittelt, die Pavels Mitgliedschaft in der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KSČ) vor 1989 behandeln. Andere "Spender" vergleichen ihn mit dem chilenischen Diktator Augusto Pinochet.

Neben den zahlreichen Kritiken und Beschimpfungen darf man aber auch die aufmunternden Botschaften, die von Unterstützern von Babiš bzw. Pavel kommen, nicht vergessen. So wird auch vermehrt "Alles Gute!" und "Ich drücke die Daumen" mit den Spenden mitkommuniziert.

Die Außenseiterin im Rennen um die Präsidentschaft, die ehemalige Rektorin der Masarykuniversität Brünn Danuše Neurudová, blieb von einem Spenden-Shitstorm bislang noch verschont. Wer online über ihre Homepage spenden möchte, kann das nur ab einem Betrag von 250 Kronen (10,24 Euro) tun.

Links zu den gläsernen Konten (tschechisch):

Andrej Babiš

Petr Pavel

Danuše Nerudová


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