Am 29. Jänner erklärte Vizepremier und Innenminister Vít Rakušan (STAN) bei einer Bürgerdebatte, dass die Regierung über die Auszahlung der Minderheitsaktionäre des Energiekonzerns ČEZ diskutiere, und dass er hoffe, dass der Staat das Unternehmen noch vor Ende dieser Legislaturperiode kaufen werde. Später änderte der Minister seine Meinung und behauptete, er habe "falsche Informationen gegeben", und es gebe "keine derartigen Maßnahmen". Rakušan löste mit seinem Hin und Her bei den Anlegern des ČEZ-Konzerns große Verunsicherung und Misstrauen gegenüber der Regierung aus.
Bild: Facebook/Skupina ČEZ
Die Aktien des Energieunternehmens haben allein seit Jahresbeginn sieben Prozent an Wert verloren. Der Rückgang ist nicht nur auf den Abwärtstrend der Energiepreise am Markt zurückzuführen, sondern auch auf das unklare Verhalten und die ständig wechselnden Äußerungen von Mitgliedern der Regierung. Bereits im vergangenen Mai kam es zu einem starken Rückgang, als die Aktien auf die Nachricht von einem Gesetzentwurf der Regierung, der die erforderliche Mehrheit der Aktionärsstimmen bei entscheidenden Abstimmungen in börsennotierten Unternehmen verringern soll, reagierten. Anstelle der bisher erforderlichen 90 Prozent der Stimmen aller Aktionäre sollen demnach nur noch 75 Prozent der auf der Hauptversammlung Anwesenden für Entscheidungen ausreichen. Dies würde es dem Staat erleichtern, die Kontrolle über den Energiekonzern ČEZ zu übernehmen, an dem er derzeit einen Anteil von etwa siebzig Prozent hält. Dieser Regierungsvorschlag wird derzeit vom Verfassungsgerichtshof geprüft.
Am 29. Jänner fand eine Bürgerdiskussion aus der Reihe "Debatten ohne Zensur" zwischen STAN-Parteichef Rakušan und "Menschen aus dem Volk", vornehmlich aus den wirtschaftlich benachteiligten Regionen, statt. Rakušan hat diese Diskussionen für seine Partei initiiert, um seine Bereitschaft zum Gespräch - auch mit regierungskritischen - Bürgern zu demonstrieren. Bei der jüngsten Veranstaltung in Sokolov / Falkenau a. d. Eger behauptete der Vizepremier, dass die Regierung beabsichtige, noch in dieser Legislaturperiode (bis Herbst 2025, Anm.), ČEZ voll zu verstaatlichen. Nur kurze Zeit später sagte jedoch er das genaue Gegenteil davon, nämlich, dass es diesbezüglich "falsche Informationen" gegeben habe.
Wiederholte merkwürdige Äußerungen von Regierungsmitgliedern und deren anschließenden Dementis, wie es im Fall von ČEZ mehr als einmal geschehen ist, verunsichern die Investoren immer mehr. Eine Verstaatlichung des Unternehmens würde im Allgemeinen bedeuten, dass die Minderheitsaktionäre zu einem vorher festgelegten Preis, den der Staat zu zahlen bereit wäre, aufgekauft würden.
Investor Michal Šnobr, einer der wichtigsten Minderheitsaktionäre der ČEZ, wies darauf hin, dass das Verhalten der Regierung die gesamte Prager Börse dauerhaft schädige und degradiere. "Wir verlieren langsam, aber sicher, das Recht, eine eigene Börse zu haben", so Šnobr. Petr Koblic, der Leiter der Prager Börse, sprach Mitte Jänner mit Bloomberg. Seiner Meinung nach hängt das Überleben der Börse gerade vom Verhalten der Politiker in der Sache ČEZ ab (POWIDL berichtete). Der Energiekonzern ist das größte börsennotierte Unternehmen im östlichen Teil der EU. Sein Marktwert beträgt rund 514 Mrd. CZK (20,6 Mrd. Euro).
Die Bürgerdemokraten (ODS), größter Koalitionspartner in der Fünfparteienregierung, reagierten auf Rakušans Äußerungen verschnupft. Karel Haas, Abgeordneter der ODS, sagte etwa nur, dass er es vorziehe, die Erklärung von Rakušan nicht zu kommentieren, und mahnte zur Zurückhaltung. Er wies vielmehr darauf hin, dass "eine solche Äußerung in den Vereinigten Staaten unter das Strafrecht fallen könnte", so Haas wörtlich.
Werbung/Inzerce
Deutschsprachige News aus Tschechien alle 14 Tage kostenlos in Ihrer Mailbox!