Die Tschechische Republik nutzt Kontakte aus der Zeit des Kalten Krieges, um dringend benötigte Munition für die Ukraine zu beschaffen. Da die Waffenhilfe der Vereinigten Staaten blockiert ist, die Munitionsproduktion im Westen nur langsam voran geht und die Waffenlager der ukrainischen Armee sich leeren, kaufte Prag auch in Ländern, die als Verbündete Moskaus auftreten, ein. Dies berichtete die US-Zeitung The Wall Street Journal (WSJ).
Symbolbild: Pixabay
Dem WSJ zufolge hat die Tschechische Republik, die zu den eifrigsten Unterstützern der Ukraine bei der Verteidigung gegen die russische Aggression gehört, rund 800.000 Artilleriegranaten von verschiedenen Lieferanten aus aller Welt erworben und weitere 700.000 Stück in petto, die mit zusätzlichen Mitteln bestellt werden könnten.
Ehemalige Sowjetblock-Connection genutzt
Die ehemalige Zugehörigkeit des Landes zum Sowjetblock erwies sich als unerwarteter Segen, berichtete die US-Zeitung. Dank ihr hat die Tschechische Republik eine große Rüstungsindustrie mit Kunden in der ganzen Welt und gute Beziehungen zu vielen Ländern im globalen Süden geerbt, die über große Bestände an Waffen aus der Sowjet-Ära verfügen und in der Lage sind, weitere zu produzieren.
Prag hält sich zwar bedeckt, wenn es darum geht, woher die Munition kommt, bestreitet aber nicht, dass einige der Verbündeten Russlands zu den Lieferanten gehören könnten. Bei den Handelsabkommen wird davon ausgegangen, dass die Lieferungen über die Tschechische Republik oder über Drittländer abgewickelt werden, um jede direkte Verbindung zwischen den Herkunftsländern und der Ukraine zu verschleiern, und um die Lieferanten nicht dem Zorn Moskaus auszusetzen.
"Vertraulichkeit ist hier der Schlüssel: Wir reden, und werden mit jedem reden, unabhängig von seiner Loyalität oder politischen Einstellung - mit einigen Ausnahmen wie Nordkorea", sagte Tomáš Pojar (ODS), nationaler Sicherheitsberater des tschechischen Premier Petr Fiala (ODS), gegenüber der Zeitung.
"Wenn man mit einem Bündel Geld kommt....."
Jan Jireš, Leiter der Abteilung Außenbeziehungen im tschechischen Verteidigungsministerium, sagte, die tschechische Initiative zeige den Widerspruch zwischen der freundlichen öffentlichen Haltung einiger Regierungen gegenüber Russland und ihrer Bereitschaft, mit den Verbündeten der Ukraine unter vier Augen Geschäfte zu machen.
"Wenn man mit einem Bündel Geld kommt, sind alle interessiert", sagte Jakub Janda, Leiter des in Prag ansässigen Think-Tanks "Evropské hodnoty" / "Europäische Werte", gegenüber dem WSJ und fügte hinzu, dass die Tschechische Republik im Vergleich zu den USA, deren ähnliche Initiativen von Lieferanten in Afrika, Asien und Lateinamerika abgelehnt wurden, als "neutral" wahrgenommen werde.
Mission startete bereits vor der Invasion Russlands
Tschechische Beamte, die hinter den "diskreten" Munitionskäufen stehen, sagten dem WSJ, dass ihre Bemühungen bereits kurz vor Russlands groß angelegtem Einmarsch in die Ukraine vor mehr als zwei Jahren begannen. Sie sind im Geheimen durch die Welt gereist, um Geschäfte anzubahnen und Exportlizenzen mit Dutzenden von Herstellern auszuhandeln. Außerdem umgingen sie weitgehend die schwerfällige Bürokratie der NATO und der Europäischen Union, deren Mitglieder sich in der Zwischenzeit, ebenso wie die USA, eher auf die Steigerung der heimischen Produktion konzentriert hatten.
Hälfte des EU-Waffenexports ging an Drittländer, nicht in die Ukraine
In ihrem Artikel verweist die Zeitung auch auf den langsamen Anstieg der Waffenproduktion in den Vereinigten Staaten und Europa. In den USA wird sie durch den Stillstand des Kongresses behindert, während in Europa aufgrund von Problemen in der Lieferkette, unzureichender staatlicher Finanzierung und Personalmangel erst Ende nächsten Jahres oder Anfang 2026 mit einer signifikanten Steigerung der Produktion zu rechnen ist. Außerdem stellte das WSJ in diesem Zusammenhang fest, dass bis Mitte 2023 etwa die Hälfte der gesamten EU-Militärproduktion in Drittländer exportiert wurde, jedoch nicht in die Ukraine.
Quelle: ČTK
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