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25 Feb
Milliardär Křetínský: "EU-Industriepolitik ist zu ideologisch und zuwenig pragmatisch"

Die deutsche, wie auch die europäische Industriepolitik waren in den vergangenen 15 Jahren nicht pragmatisch, sondern ideologisch - insbesondere im Gegensatz zu Europas Wettbewerbern USA und China. Dies erklärte der tschechische Unternehmer Daniel Křetínský in einem Gastkommentar in der deutschen Zeitung "Die Welt".

Daniel Křetínský

Bild: Facebook Daniel Křetínský

Laut Křetínský sei die europäische und deutsche Industriepolitik ideologisch getrieben, was in den USA und China nicht der Fall sei. "Als Folge dieser ideologischen Haltung verfügen die EU und Deutschland über keine globale Industrie- und Klimastrategie. Darüber hinaus reagiert die EU in ihren internationalen Handelsmaßnahmen und -regelungen unzureichend auf Veränderungen in der Weltwirtschaft", monierte Křetínský.

"Die EU ist für weniger als sieben Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Man wollte, im Gegenteil zu China und den USA, beweisen, dass eine CO2-freie Wirtschaft aufgebaut werden kann, ohne den Wohlstand zu gefährden", schrieb der tschechische Milliardär. Doch dieser Ansatz habe einen entscheidende Haken: "Was tun, wenn keiner mitmacht?"

Wohlstand gefährdet, Effekt null

Trotz der bisherigen Bemühungen und unter Inkaufnahme der Schwächung der europäischen Wirtschaft, stiegen die globalen Emissionen von 49 Gigatonnen CO₂ im Jahr 2015 auf 53 Gigatonnen CO₂ im Jahr 2023. Dies zeigt: Der "Lead by Example"-Ansatz funktioniere nicht, erklärte Křetínský. Er wies auch darauf hin, dass die hohen Kosten im Energiebereich, vor allem im Vergleich zu den Konkurrenzstaaten, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Betriebe massiv einschränken, und keine Planungssicherheit mehr vorhanden sei. "Was unter anderem zufolge hat, dass der Wohlstand gefährdet ist", schloss Křetínský. "De facto folgt kein relevanter Nicht-EU-Staat unserem Beispiel. Die Dekarbonisierung findet vor allem dort statt, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist", ergänzte er. 

Autoindustrie: Falsche Strategie, getrieben von Deutschland

Die Initiative zur Dekarbonisierung des Verkehrs vonseiten der EU - getrieben von Deutschland - ging insofern schief, als das man den hocheffizienten Verbrennungsmotor aus dem Markt nahm, ohne zuvor eine wettbewerbsfähige Elektrofahrzeugindustrie aufzubauen, während China eine konsequente Elektrofahrzeuge-Strategie verfolge. Křetínský führte an, dass der weltweite Automobilmarkt stark gestiegen sei (fast 65 Prozent seit 2000), die europäische Produktion aber mittlerweile unter dem Niveau von 2000 liege. "Im Jahr 2000 produzierte China nur zwei Millionen Fahrzeuge, heute sind es fast 40 Millionen. Ein ähnlicher Fehler droht in der Stahl- und Chemieindustrie mit dem unwirtschaftlichen und frühzeitigen Vorstoß bei grünem Wasserstoff", so der aus Brünn stammende Geschäftsmann.

Erneuerbare Energien: Marktführerschaft verspielt, China Nutznießer

Die EU - allen voran Deutschland - war bei Erneuerbaren Energien  weltweit führend. "Doch statt diesen strategisch auszubauen, überließ man China naiverweise die Marktführerschaft. Heute dominiert die Volksrepublik die Produktion von PV-Modulen mit 85 Prozent Weltmarktanteil und Windturbinen mit 65 Prozent Weltmarktanteil".

Křetínský: "Statt 'Lead by Example' brauchen wir einen 'We bring Solution'-Ansatz."

Anstatt zu versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen, sollte Europa laut Křetínský jetzt Lösungen anbieten. "Ich schlage daher unter anderem Folgendes vor: Während die EU ihre lokalen Emissionsreduktionsziele auf ein realistisches Niveau reduziert, verpflichten wir uns, durch EU-Maßnahmen außerhalb Europas bis 2050 mehr als die verbleibenden Emissionen einzusparen. Zu diesem Zweck sollte die EU einen globalen Marshallplan für den Klimaschutz ausarbeiten, um Technologien in Drittländern, die die Luft verschmutzen, zu modernisieren und so Investitionen in die europäische Wirtschaft zu ermöglichen", schlug er vor. Seiner Ansicht nach würden solche pragmatischen und globalen Lösungen Europa widerstandsfähiger, wirtschaftlich stärker und global relevanter machen und zudem mehr Emissionen einsparen.


Zur Person:

Daniel Křetínský ist Mehrheitseigentümer der Energie- und Industrieholding (EPH). Zur Gruppe gehören über 70 Unternehmen in ganz Europa. Der Holding gehören beispielsweise die Energieunternehmen EP Infrastructure und EP Power Europe. Der Wert seines Vermögens beträgt laut Forbes-Magazin 290 Mrd. Kronen (7 Mrd. Euro). Er ist aktuell der zweitreichste Mensch in Tschechien.

Quelle: Die Welt


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