Eines der wichtigsten Dinge, die die Regierung anführte, um Tschechien mehr Wohlstand zu verschaffen, war der Ausbau der Atomenergie. Jedoch wie bereits zu befürchten war, agierte die Regierung Fiala wie in vielen anderen Fällen zu naiv und ließ wirtschaftliche Kompetenz vermissen. Die Baustellen bei der Auftragsvergabe für den Ausbau des AKW Dukovany an die südkoreanische KHNP wurden im Vorfeld nicht erkannt oder einfach ignoriert. Dadurch stehen die Chancen eines Vertragsabschlusses in dieser Legislaturperiode für Premier Petr Fiala (ODS) - ein Jahr vor den Wahlen - faktisch bei null.
Atomkraftwerk Dukovany
Bild: Press ČEZ, a. s.
Um die Vertragsunterzeichnung abzuschließen (geplant für März 2025), gilt es, drei Hürden zu überwinden. Hindernisse, die den vorgesehenen Zeitplan völlig auf den Kopf stellen werden. Das erste Problem ergab sich bereits, indem einer der erfolglosen Bieter, die franzözische EDF, öffentlich ankündigte, alles zu tun, um die Auftragvergabe an den koreanischen Gewinner KHNP zu verhindern. EDF-Vizepräsident Vakisasai Ramany stellte klar, dass das Unternehmen "alle verfügbaren rechtlichen Mittel" einsetzen würden. Einen Teilerfolg konnten die Franzosen bereits verbuchen, indem sie eine einstweilige Verfügung erwirkten, die den Vertragsabschluss blockiert. Das Verfahren könnte Monate dauern.
Es geht dabei nicht nur um vordergründig das AKW Dukovany, es verbirgt sich dahinter auch ein Machtkampf um den gesamten europäischen Markt. Die EDF möchte ihre Machtstellung in Europa ausbauen und hat keine Freude daran, dass sich die Südkoreaner in Europa einen Stützpunkt einrichten. Es wird auch gemunkelt, dass KHNP aus dieser Überlegung heraus bewusst - mit staatlicher Unterstützung - unter dem Preis angeboten hat. Dazu kommt, dass die französische Regierung dieselbe Strategie wie die Regierung in Tschechien verfolgt. Präsident Emmanuel Macron sieht seine große Chance in der Atomenergiewirtschaft, um die geschwächte französische Wirtschaft mittelfristig wieder anzukurbeln.
Ungemach droht auch vom zweiten Verlierer der drei verbliebenen Finalisten, der amerikanischen Westinghouse. Westinghouse beschuldigt die Südkoreaner, ihre Technologien illegal zu nutzen. Auch in diesem Fall ist ein Verfahren anhängig.
Damit nicht genug, verspricht die neue personelle Konstellation in Brüssel zähe Verhandlungen bei den öffentlichen Förderungen. Der äußerst einflussreiche Posten der EU-Kommissionsvizepräsidentin wird an die spanische Sozialistin Teresa Ribera gehen. Sie gilt als Gegnerin der Kernenergie. Ribera wird sowohl für Energie, als auch für Wettbewerb zuständig sein. Es wird eine starke tschechische politische Persönlichkeit brauchen, um die nötige finanzielle Unterstützung aus Brüssel zu bekommen. Diese ist aber in der Regierung Fiala nicht in Sicht.
Womit sich bereits die dritte Baustelle auftut. Der Posten des Industrieministers, der in der Regierung den gesamten Atomausbau steuern soll, wurde mit dem unerfahrenen Kommunalpolitiker Lukáš Vlček (STAN) besetzt, der den Job vom künftigen EU-Kommissar Jozef Síkela übernahm. Schon Síkela galt als kein guter Verhandler, wenn es um EU-Subventionen ging, und trotzdem schätzen ihn die Experten als stärkeren Akteur als Vlček ein. Die tschechische Regierung äußert sich trotz aller anstehenden Probleme aber weiterhin optimistisch (oder naiv) und ist nach wie vor überzeugt, den Termin für den Vertragsabschluss halten zu können.
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