Der Munitionsproduzent Michal Strnad (Czechoslovak- Group, CSG) versucht auf Umwegen, in die chemische Industrie zu finden, um den Engpass bei der Produktion von Artilleriemunition zu lösen. Nach Angaben von des Onlineportals Seznam zprávy und mehrerer unabhängiger Quellen hat er Interesse an dem großen Pardubitzer Chemieunternehmen Synthesia bekundet und führt bereits Gespräche mit dem derzeitigen Eigentümer, der Holding Agrofert von Ex-Premier Andrej Babiš (ANO). Der Wert des Unternehmens wird laut E15 auf über eine Milliarde Krone (42,6 Mio. Euro) beziffert.
Bild: Synthesia, a.s.
Synthesia konzentriert sich hauptsächlich auf die Herstellung von Pigmenten, Farben und Nitrocellulose. Die letztgenannte Substanz, die so genannte Schießbaumwolle, ist für das Geschäft von Strnad von zentraler Bedeutung. Das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche staatliche Chemieunternehmen Explosia verwendet den Rohstoff für die Herstellung von Pulverladungen, die wiederum Strnads Unternehmen MSM Group zur Herstellung von Artilleriegranaten benötigt.
Der Militäranalyst und Rüstungsexperte Lukáš Visingr würde einen solchen Schritt von Strnad als logisch ansehen. "Die CSG hat keinen Hehl daraus gemacht, dass man ein möglichst autarkes Waffenbündel aufbauen will. Sie wollen von Drittanbietern unabhängig werden, um die Produktionskapazität flexibler gestalten zu können. Die Übernahme der Nitrocelluloseproduktion würde dem entgegen kommen", so Visingr.
Staat regierte nicht auf ein Angebot für Explosia. Nun probiert es Strnad durch die Hintertür
Andere Branchenexperten sehen das ähnlich. "Der Eigentümer der Czechoslovak Group, Michal Strnad, würde damit sein Angebot vom letzten Jahr für einen Kapitaleinstieg bei Explosia, auf das die Regierung noch nicht reagiert hat, elegant lösen. Durch die Übernahme von Synthesia würde Explosia vollständig von Strnad abhängig werden", sagte ein mit der Situation auf dem Sprengstoffmarkt vertrauter Experte, der gegenüber dem Wirtschaftsmagazin E15 anonym bleiben wollte.
Strnad bietet Milliarden für das staatliche Unternehmen Explosia. Der Sprengstoffhersteller würde damit, sollte es doch noch zu einem Deal kommen, seine Marktposition enorm stärken. Fakt ist aber auch, dass Explosia die größten Mengen aller für die Produktion benötigten Rohstoffe von Synthesia bezieht. Nach einer Analyse, die E15 vorliegt, sind dies ca. 62 Prozent. Bei den Rohstoffen handelt es sich in erster Linie um Nitrocellulose, Ammoniumnitrat, Salpetersäure einschließlich deren Regeneration und Schwefelsäure.
Explosia ist in vielen Belangen abhängig von Synthesia
Jiří Hynek, Leiter des Verbands der Verteidigungs- und Rüstungsindustrie der Tschechischen Republik (AOBP), weist darauf hin, dass Explosia zumindest für den Bezug von Nitrozellulose nicht viele Alternativen bleiben. "Es gibt nur ein Unternehmen in Frankreich, in Serbien und eben das in Tschechien, wobei Synthesia eindeutig der größte dieser Produzenten ist", sagte er gegenüber Newstream.cz
Explosia ist auch bei der Energieversorgung, einschließlich der Wärmeversorgung, vollständig von Synthesia abhängig. Das Chemieunternehmen liefert den Strom an den benachbarten Munitionshersteller und sorgt sogar für die Sicherheit des Standorts im Pardubitzer Stadtteil Semtín.
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E15 berichtete erstmals im Herbst über die Absicht von Strnads CSG, in die vollständig staatlich kontrollierte Explosia zu investieren, oder sich an ihr zu beteiligen. In einem Brief an den Premier und an die Minister für Industrie und Handel, Finanzen und Verteidigung nannte Strnad als Grund dafür die Unzufriedenheit mit der Vertragserfüllung von Explosia. Ihm ging es vor allem um die Erhöhung der Produktionskapazität.
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