Eigentlich wollte die Regierung von Premier Petr Fiala (ODS) die administrativen Abläufe in der Baubranche beschleunigen. Herausgekommen ist ein vermutlich politisch inspirierter "digitaler Schnellschuss", der sowohl die Beamten, als auch die Antragsteller aus der Bahn warf und völlig überforderte, sodass keiner der Betroffenen mehr einschätzen kann, was rechtens ist. Das neue eingeführte digitale System ist nicht voll funktionsfähig, und die Rückkehr zum alten System ist ebenfalls problematisch. Die Regierung versucht, nun mit Novellen Übergangslösungen zu schaffen, die jedoch mit einer großen Rechtsunsicherheit einhergehen, selbst wenn man Toleranz walten lässt.
Illustrationsfoto: Gettyimages
Regierung verspricht Rechtssicherheit - real aber kaum möglich
Die geplante Änderung sieht zwei Übergangsfristen vor: Die erste soll bis Mitte nächsten Jahres dauern und für die Zwecke der Raumplanung und des Nationalen Geoportals für die Raumplanung (NGÚP) gelten. Die zweite Periode dauert bis Ende 2027 und gilt für die Digitalisierung von Bauverfahren. Den Verfassern der Novelle zufolge soll die dreijährige Frist dem Staat die Sicherheit geben, dass niemand das künftige System der digitalen Bauverwaltung in Frage stellt. Der Minister für regionale Entwicklung, Petr Kulhánek (KOA; nominiert von STAN), hat zuvor erklärt, dass das Gesetz den Bauherren und den betroffenen Behörden eindeutige Rechtssicherheit verschafft, dass sie, selbst wenn sie außerhalb des in diesem Jahr eingeführten Systems agiert haben, nicht gesetzlich belangt werden.
Beamte sind gezwungen, illegale Systeme anzuwenden
In der Praxis scheint es aber anders auszusehen, als sich die Regierung das vorstellt. Laut Radka Vladyková, Geschäftsführerin des Städte- und Gemeindebundes SMOČR, ist das System immer noch nicht funktionsfähig, und die Umgehung des Gesetzes wird die Beamten nicht rückwirkend vor rechtlichen Anfechtungen schützen. Aufgrund des nicht funktionierenden Systems sind die Beamten nun gezwungen, andere - derzeit illegale Verfahren - für die Bearbeitung von Anträgen anzuwenden.
"Hunderttausende von Arbeitsplätzen stehen auf dem Spiel"
Die tschechischen Kammer der zugelassenen Ingenieure und Techniker, die im Baugewerbe tätig sind (ČKAIT) spricht von einem "grundlegenden Versagen des Staates und des Gesetzgebers". Laut einer von der ČKAIT durchgeführten Umfrage gaben 70 Prozent der Befragten (1.407) an, dass sie seit 1. Juli rechtswidrige Verfahren anwenden mussten. "Es stehen Hunderttausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel. Es hätte schon längst eine Novelle verabschiedet werden müssen, nach der wir in einer festgelegten Übergangszeit legal Datenboxen nutzen können", appellierte Robert Špalek, Vorsitzender von ČKAIT, an die Vernuft der Politik.
Werbung/Inzerce
Deutschsprachige News aus Tschechien alle 14 Tage kostenlos in Ihrer Mailbox!