Zwar ist der Gewinner der Ausschreibung für den Reaktorneubau noch nicht ermittelt, aber Städte und Gemeinden in der Umgebung des AKW Dukovany bereiten sich bereits auf die Ankunft von tausenden Arbeitern vor, wobei das 30 km entfernte Třebíč die beste Infrastruktur vorweist. Der Bau soll in 6 Jahren beginnen und nach rund 7 Jahren - was niemand für möglich hält - abgeschlossen sein. Ein großes Handicap gibt es allerdings, denn tschechische Fachkräfte sind Mangelware, und so wird man vermehrt auf ausländische Arbeiter angewiesen sein. Die wiederum werden schwer zu bekommen sein.
Bild: ČEZ
"Třebíč hat viele Jahre lang geschlafen, noch vor fünf oder zehn Jahren wurde hier kaum etwas gebaut. Nach Covid hat die Bautätigkeit wieder Fahrt aufgenommen, und wenn ich es mit ähnlich großen Städten in der Region vergleiche, wächst die Entwicklung in Třebíč momentan am schnellsten", bemerkte Tomáš Špaček, Leiter des örtlichen Büros der Immobilienagentur Sting gegenüber dem Wirtschaftsmagazin E15. Vor vierzig Jahren, als Dukovany (Dukowan) gebaut wurde, lebten Tausende von Arbeitern und Angestellten in dieser Stadt. Und nun muss sich Třebíč, das in den letzten Jahren mit der Abwanderung junger Menschen in größere Städte zu kämpfen hatte, erneut auf den Zustrom neuer Einwohner vorbereiten.
Geschätzt werden mehr als 10.000 Arbeitskräfte im Laufe der Bauzeit tätig sein
Das Ministerium für Industrie und Handel schätzt, dass der Bau und der anschließende Betrieb des Werks die Umschulung von mehr als 10 000 Arbeitnehmern und die Beschäftigung zahlreicher bereits vorhandener Fachkräfte erfordern wird, die im Laufe der Jahre auf dem Gelände rotieren werden. Der Bürgermeister von Třebíč, Pavel Pacal (STAN), schätzt, dass etwa zweitausend neue Einwohner in die Stadt kommen werden."Dank der Erfahrungen mit dem Bau des Kernkraftwerks in den 1980er-Jahren, bereiten wir uns schon seit langem auf die Auswirkungen des Baus vor", so Pacal zu E15
Das Rathaus hat im Flächennutzungsplan bereits Kapazitäten für den Wohnungsbau und ein Industriegebiet reserviert, und die Entwicklungsfläche beträgt bis zu sechzig Hektar. Derzeit werden in Třebíč vor allem Wohnhäuser und Wohnkomplexe gebaut. So sollen beispielsweise im Baugebiet Vídeňský rybník ein Mehrfamilienhaus mit zweihundert Wohnungen und etwa sechzig Reihenhäuser entstehen. "Die Bildungskapazitäten verfügen über ausreichende Reserven, um den erwarteten Mehrbedarf zu decken. Das Gleiche gilt für den Gesundheitssektor, insbesondere für das Krankenhaus in Třebíč", fügte der Bürgermeister hinzu.
Spekulationen beginnen bereits
"Die Nachfrage nach Wohnraum wird enorm steigen. Das ist immer der Fall, wenn in der Nähe einer Stadt ein größeres Werk gebaut wird", so Immobilienmakler Špaček. Die Wohnungssuche in Třebíč ist derzeit noch nicht allzu schwierig, das Angebot übersteigt immer noch die Nachfrage, auch wenn sich der Trend laut Špaček leicht zu drehen beginnt. Investoren, die wegen des bevorstehenden Reaktorbaus nach Investitionswohnungen suchen werden, wittern ihre Chance. Auch die Bewohner der Dörfer in der Umgebung von Dukovany, wie Mohelno oder Kramolín, rechnen mit einer starken Nachfrage und versuchen bereits, ihre Immobilien zu höheren Preisen als üblich zu verkaufen. Aber nicht immer mit Erfolg, es ist noch zu früh, so Špaček.
Arbeitskräfte: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Es bleibt die Frage, wo die AKW-Betreibergesellschaft ČEZ und ihre Zulieferer so viele Arbeitskräfte finden sollen. Bau- und Ingenieurbüros kämpfen seit langem mit einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Die Situation könnte sich durch die Tatsache verschärfen, dass Polen, Frankreich, die Slowakei und andere europäische Länder ebenfalls den Bau neuer Reaktoren planen.
"Die Metallurgieunternehmen müssen einen Zeitplan haben, wann sie mit dem Bau beginnen können. Wir sind nächste Woche nach Polen eingeladen, weil sie mit uns zusammenarbeiten wollen. Wenn die Auftragserteilung noch länger dauert, kann es passieren, dass unsere Experten nach Polen gehen", warnte Tomáš Měřínský, Leiter des tschechischen Stahlbauverbandes (ČAOK). Gleiches gilt für Spezialmaschinen wie Kräne oder Pumpen, die in Mitteleuropa ebenfalls nicht unbegrenzt vorhanden sind und rechtzeitig beschafft werden müssen.
Der Staat, oder besser gesagt die ČEZ, warten immer noch auf die endgültigen Angebote der drei Interessenten für den Ausbau des Dukovany-Blocks. Die französische EDF, die südkoreanische KHNP und die amerikanische Westinghouse haben bis Ende Oktober Zeit, ihre Angebote abzugeben. Die Regierung wird voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahres den Gewinner der Ausschreibung auswählen. Obwohl der Bau erst in sechs Jahren beginnen soll, bleibt nicht viel Zeit für die Vorbereitungen - weder für die Verkehrsinfrastruktur noch für die Humanressourcen.
Die Regierung hat im Rahmen einer interministeriellen Gruppe die Berufe ermittelt, die die Auftragnehmer im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb der Anlage benötigen. Sie will auch potenzielle Arbeitskräfte unter den derzeitigen Studenten finden. "Wir zählen auf die vorhandenen Kapazitäten im Nuklearbereich, aber wir werden die Ausbildung der neuen Generation über Sekundarschulen und Universitäten fördern", erklärte der Sprecher des Industrieministeriums, Marek Vošahlík gegenüber E15. Es besteht Interesse an Berufen in den Bereichen Elektrotechnik, Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Chemietechnik, Kern- und Strahlentechnik, Wirtschaft und Recht.
Regierung nimmt die Apelle nicht allzu ernst
Die tschechische Industrie, auf die 65 Prozent der Bauarbeiten entfallen sollen, ist seit langem auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Das Baugewerbe ist zum Beispiel mit Ukrainern gesättigt, aber angesichts des andauernden Krieges und des künftigen Wiederaufbaus des Landes könnten sie jederzeit in ihre Heimat zurückkehren. "Wir müssen zugeben, dass wir einfach nicht genug arbeitsfähige Menschen in Tschechien haben. Der Staat muss dafür sorgen, dass die Arbeitsmigration vereinfacht wird", sagte Jiří Nouza, Vorsitzender des Verbands der Bauunternehmer (SPS). Wenn der Bau von Wohnungen und Büros wieder anläuft und der Staat seinen Plan umsetzt, das Autobahnnetz zu vervollständigen und Hochgeschwindigkeitsstrecken zu bauen oder weitere Atomkraftwerke errichten will, reichen die derzeitigen Kapazitäten an Arbeitskräften und Rohstoffen nicht aus, so der Verbandsvorsitzende.
Die Regierung rechnet damit, dass ein Teil der Arbeitskräfte aus dem Ausland kommen werde, so Vošahlík, vor allem Fachleute aus der Slowakei, die Erfahrungen mit dem Bau slowakischer Kernkraftwerke hätten. "Auch andere Projekte zum Bau neuer Kernkraftwerke haben gezeigt, dass ein Teil der Arbeitskräfte, vor allem hochspezialisierte, aus dem Ausland kommt", sagte er.
Třebíč selbst appelliert an die Regierung, die Verkehrsinfrastruktur in der Region zu vervollständigen. Nicht nur Menschen werden nach Dukovany kommen, sondern auch sperrige Materialien, für die der Staat spezielle Transportwege bauen muss. All dies muss der Staat in die Wege leiten, bevor der Bau überhaupt beginnen kann.
Quelle: E15
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