Unterstützung aus dem Antivirus-Programm, dessen Hauptzweck darin bestand, die negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Beschäftigung in der Tschechischen Republik abzufedern, erhielten auch Unternehmen, deren Nettoumsatz, Gewinn und Mitarbeiterzahl, während der Ausbreitung der Krankheit gestiegen sind. Darüber hinaus trug der Staat in einem der drei Modi des Antivirus-Programms (Modus A Plus) fast 100 Prozent der Kosten für den Erhalt von Arbeitsplätzen, was im Widerspruch zum in anderen EU-Ländern geltenden Prinzip stand, wo die Staaten die Kosten auf Arbeitgeber und Mitarbeiter aufgeteilt haben. Bei Einhaltung der Teilkompensationsregelung wären die Zuschüsse des Staats bis zu 4,4 Milliarden Kronen (180,9 Mio. Euro) geringer ausgefallen. Dies stellte der NKÚ (Nejvyšší kontrolní úřad/Oberster Rechnungshof) im Rahmen einer Kontrolle des Ministerium für Arbeit und Soziales (MPSV) und dem Arbeitsamt der Tschechischen Republik (ÚP ČR), fest. Untersucht wurden die Geldverläufe der Covid-Förderungen in den Jahren 2020 und 2021.
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Der NKÚ kam zu dem Schluss, dass ein Teil, der für die Beschäftigungsförderung vorgesehenen Mittel aus dem Staatshaushalt und der EU unangemessen ausgegeben wurde. Den Inspektoren zufolge haben das Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation der Tschechischen Republik und das ÚP ČR gegen die, durch EU- und tschechische Rechtsvorschriften festgelegte Regeln verstoßen. Beide Institutionen haben die Auswirkungen des Antivirus-Programms weder überwacht, noch bewertet. Fast 71.000 Unternehmen und deren 1,2 Millionen Mitarbeiter erhielten Unterstützung in der Höhe von insgesamt 51,2 Milliarden Kronen (2,1 Mrd. Euro).
Covid-Gelder an Unternehmen, die von der Krise profitiert haben
9,8 Milliarden Kronen (402,9 Mio. Euro) wurden von Firmen aus Branchen bezogen, in denen es keinen Produktionsrückgang gab. Darunter waren beispielsweise Unternehmen, die sich mit Informationstechnologien befassen. Gleichzeitig stieg die Wirtschaftsleistung in dieser Branche im Jahr 2021 im Vergleich zu 2019 um 17,5 und die Zahl der Beschäftigten um 9,5 Prozent.
Förderungen aus dem Antivirus-Programm in Höhe von 48,1 Mio. Kronen (1,98 Mio. Euro) erhielt auch eine Einzelhandelskette, die während der Covid-19-Pandemie wirtschaftlich expandierte und kontinuierlich neue Mitarbeiter einstellte. Im Jahr 2020 erhöhte sich der Nettoumsatz des Unternehmens im Vergleich zu 2019 um 10,5 Milliarden Kronen (431,7 Mio. Euro), und der Gewinn stieg um 336,4 Millionen Kronen (13,8 Mio. Euro). Die Mitarbeiteranzahl wurde im gleichen Zeitraum um 11,1 Prozent gesteigert.
Die Prüfer stellten außerdem fest, dass der A Plus-Modus des Antivirus-Programms vom Ministerium für innere Angelegenheiten und Kommunikation gegen den etablierten Grundsatz entwickelt wurde, dass die Kosten für die Erhaltung von Arbeitsplätzen zwischen dem Staat, dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer aufgeteilt werden sollten. In anderen EU-Ländern wurden die mit der Erhaltung eines Arbeitsplatzes verbundenen Kosten zumindest teilweise von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern getragen, kritisierte der Rechnungshof.
Lohnausgleichsförderung kassiert - Mitarbeiter entlassen
Trotz der außergewöhnlichen Pandemiesituation lag die Arbeitslosenquote in der Tschechischen Republik bei etwa 3 Prozent und die Zahl der offenen Stellen überstieg die Zahl der Bewerber. Der NKÚ untersuchte die Bereitstellung von Lohnausgleichsbeiträgen aus dem Antivirus-Programm bei 31 Arbeitgebern und deren 47.871 Arbeitnehmern. Die Kontrolleure stellten fest, dass 7 Prozent der geförderten Mitarbeiter, also 3.363 Personen, anschließend im Bewerberregister geführt wurden. Die Unterstützung in Höhe von insgesamt 58,2 Mio. Kronen (2,4 Mio. Euro) führte nicht zur Beibehaltung ihrer Arbeitsplätze. Zehn der 31 geprüften Unternehmen erhielten staatliche Unterstützung in Höhe von 1,9 Milliarden Kronen (78,1 mio. Euro) zur Erhaltung von Arbeitsplätzen, obwohl diese Unternehmen in den Jahren 2020 und 2021 Gewinnbeteiligungen auszahlten.
Die Unvereinbarkeit des Bezugs von Unterstützung und der Zahlung von Dividenden wurde vom Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation mit Wirkung ab Juli 2021 im Beschäftigungsgesetz verankert.
Neben dem Antivirus-Programm überprüften die Inspektoren auch die Verwendung von 2,2 Milliarden Kronen (90,5 Mio. Euro) für drei Projekte des operationellen Programms "Beschäftigung 2014–2020" (OPZ 2014-2022). Dabei stellten sie fest, dass ein Teil der Mittel unangemessen ausgegeben wurde, da die Hilfen nur bedingt zur Problemlösung beitrugen. Von den Mitteln, die zur Unterstützung gemeinsamer Arbeitsplätze im "FLEXI-Projekt" vorgesehen waren, unterstützte das Arbeitsamt der Tschechischen Republik nur 252 der ursprünglich geplanten 3.000 Projektteilnehmer, also 8,4 Prozent.
Im PDU-Projekt, dessen Hauptaufgabe darin bestand, die Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit von langfristig registrierten Arbeitssuchenden zu erhöhen, wurden bis Ende 2022 lediglich 1.508 Langzeitarbeitslose gefördert, also 12,1 Prozent der Gesamtzahl von 12.490 Projektteilnehmern. Obwohl das dritte OPZ-Projekt ("Outplacement") 86,8 Prozent der geförderten Personen dabei half, einen Arbeitsplatz zu finden, entsprachen die angebotenen Bildungsangebote nicht ihrem Interesse und ihrer Ausbildung. Daher wurde die Annahme des ÚP ČR, dass 4.277 Teilnehmer ein Zertifikat über den Abschluss der Schulung erhalten würden, nicht erfüllt. Am Ende konnten nur 50 Projektteilnehmer, also 1,2 Prozent einen Abschluss vorweisen.
Bei der tschechischen Sozialversicherungsbehörde kontrollierte das NKÚ die Zahlung des Notpflegegeldes. Bei der Inspektion wurden keine Mängel bei der Einhaltung der Regeln festgestellt. Allerdings stellt der NKÚ fest, dass die festgelegten Bedingungen für die Gewährung von Pflegegeld im Frühjahr 2020 zu einem hohen Verwaltungsaufwand für Schulen und Antragsteller auf Krisenpflegegeld geführt haben.
Welche Konsequenzen der Bericht des Obersten Rechnungshof haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.
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