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27 Feb
Bürokratie gefährdet LKW- und Busverkehr in Tschechien

In der Tschechischen Republik fehlen den Verkehrsunternehmen etwa 25.000 Berufskraftfahrer. Es droht eine Situation wie in Großbritannien nach dem Brexit, als es zu Engpässen bei der Versorgung und Probleme im Linienverkehr kam. Die Unternehmen sind auf ausländische Fahrer angewiesen, was aber vonseiten der Regierung alles andere als gefördert wird und die Arbeitgeber vor große Probleme stellt.

Illustrationsbild: GettyImages

"Ein ähnlicher Zusammenbruch wie in Großbritannien könnte im LKW- und Busverkehr in der Tschechischen Republik passieren. Wir weisen schon seit langem auf das Problem hin, aber der Staat unternimmt nichts", klagte Kateřina Kratochvílová, Miteigentümerin des in Iglau/Jihlava ansässigen Busunternehmens ICOM gegenüber der Wirtschaftszeitung e15.

Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 1.200 Fahrer, von denen ein Drittel Ausländer sind. Die Busse und Lastwagen des Unternehmens werden von Menschen mit sechzehn verschiedenen Nationalitäten gefahren. Die meisten von ihnen sind Ukrainer, aber es gibt auch Kasachen, Mazedonier, Georgier und Moldawier. Im Durchschnitt erhalten sie 49.800 Kronen (2.000 Euro) im Monat und eine Diät von 7.700 (308 Euro). Bei LKW-Fahrern für den Inlandstransport liegt der Lohn laut ICOM bei etwa 51.000 (2.040 Euro), zuzüglich einer Zulage von fast 10.000 (400 Euro).

Das Problem ist europaweit, deswegen ist es kaum möglich, Fahrer aus dem EU-Raum zu bekommen

Die unbefriedigende Entwicklung des Arbeitsmarktes macht auch vom größten kommunalen Unternehmen in der Tschechischen Republik, den Prager Verkehrsbetrieben (DPP) nicht halt. Die DPP beschäftigt fast 4.500 Fahrer und bildet viele Fahrer selbst aus, darunter befinden sich 300 Ausländer aus 25 Ländern.

"Der Mangel an Fahrern ist ein großes Problem in Europa. Er wird unter anderem durch eine alternde Erwerbsbevölkerung verursacht. Jüngere Generationen sehen sich selbst nicht als Fahrer, weil sie die Arbeit als zu anspruchsvoll empfinden. Außerdem schrecken unregelmäßige Arbeitszeiten oder sehr frühes Aufstehen für morgendliche Abfahrten viele von ihnen ab“, räumt Daniel Šabík, Kommunikationschef der DPP, ein.

Die Aufenthaltsgenehmigung und die Ausstellung einer Fahrerlizenz kann bis zu einem dreiviertel Jahr dauern

Es ist jedoch weder einfach, noch geht es schnell, unter den Interessenten aus Drittländern geeignete Bewerber auszuwählen. Einige Verkehrsunternehmen entsenden Mitarbeiter ins Ausland, um das Auswahlverfahren vor Ort durchzuführen und abzuschließen. Was dann folgt, ist ein monatelanger, dorniger Weg durch die tschechische Bürokratie.

"Die Verwaltung ist anspruchsvoll, und jeder kleine Fehler birgt das Risiko, dass das Visum nach ein paar Monaten verweigert wird. Die Unternehmen müssen eine große Anzahl von Dokumenten einreichen, eine Unterkunft organisieren und dann etwa zwei bis vier Monate warten, bis die Botschaft das Visum genehmigt. Nach Ihrer Ankunft müssen Sie sich die Fahrer um biometrische Daten, Versicherungen, Ärzte und die erforderliche Fahrerlaubnis in Form eines Führerscheins kümmern. Führerscheine, die außerhalb der Europäischen Union erworben wurden, werden nicht anerkannt", sagte Kratochvílová.

Sobald der Fahrer in der Tschechischen Republik angekommen ist, muss das Transportunternehmen auf eigene Kosten für eine Unterkunft sorgen und Gehalt zahlen. Insgesamt kann das Verfahren bis zu einem dreiviertel Jahr dauern.

"Wir brauchen eine Vereinfachung und Beschleunigung der administrativen Prozesse, also eine antibürokratische Reform", so Tomáš Zelený, Direktor der Abteilung Handel und Dienstleistungen. Die Regierung scheint nun langsam, aber doch das Problem aufzugreifen. Derzeit wird ein Entwurf für ein Ausländergesetz ausgearbeitet, das sich mit diesem Thema befasst.


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