Die Tschechische Republik wird ab 2030 auf teure und riskante Stromimporte aus dem Ausland angewiesen sein, wenn sie die Stromgewinnung aus Kohle einstellt. Es könnte sogar zu Stromengpässen kommen. Dies geht aus einer Analyse des Stromübertragungsnetzbetreibers ČEPS hervor. Dem Bericht zufolge wird der tschechische Staat daher in Zukunft nicht auf den Bau zusätzlicher Kernkraftwerke sowie auf einen Mechanismus zur Unterstützung flexibler Energiequellen verzichten können. Außerdem sollte ein gewisser Grad an Autarkie aufrechterhalten werden, um den nationalen Stromverbrauch zu decken.
Bild: 123site/Pixabay
ČEPS hat eine Analyse mehrerer möglicher Szenarien für die künftige Entwicklung des Energiemix in der Tschechischen Republik vorgelegt. Im Vergleich zur Vergangenheit wurde in die Analyse auch das so genannte Dekarbonisierungsszenario miteinbezogen, das davon ausgeht, dass die tschechische Wirtschaft als Ganzes ihre Verpflichtung zur Kohlenstoffneutralität bis zum Jahre 2050 erfüllen wird.
ČEPS stützte sein Portfolio an Energiequellen auf die Annahme, dass die Kohleverbrennung für die Stromerzeugung bis 2030 eingestellt und die installierte Kapazität erneuerbarer Energiequellen deutlich erhöht wird. Laut dem Netzwerkbetreiber zeigen die beiden Szenarien, dass Tschechien im Falle eines raschen Ausstiegs aus der Kohleverbrennung ab 2030 auf Stromimporte aus dem Ausland, beispielsweise aus Deutschland oder Frankreich, angewiesen sein wird. Außerdem stellte man fest, dass der Import von Strom sehr teuer und möglicherweise sogar riskant sein könnte.
"Angesichts der Unsicherheiten bei der Entwicklung und Umsetzung zukünftiger Technologien und der Beibehaltung der heutigen Überschussstromproduktion in den einzelnen Ländern besteht das Risiko, dass die Stromimporte zehn Prozent des tschechischen Stromverbrauchs übersteigen werden", so ČEPS in dem Bericht.
Darüber hinaus prognostiziert die Analyse eine weitere Verschlechterung der Situation nach 2030, wenn es zu ernsthaften Problemen mit der Angemessenheit des Netzes kommen könnte. Im Falle des Dekarbonisierungsszenarios, das einen erheblichen Anstieg des Stromverbrauchs im Verkehr oder in der Industrie vorsieht, könnte das Land mit Stromengpässen konfrontiert werden.
Laut dem ČEPS-Bericht kann die Tschechische Republik langfristig nicht auf den Bau zusätzlicher Kernkraftwerke verzichten, wenn die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stromversorgung gewährleistet sein soll. Außerdem muss ein Kapazitätsmechanismus zur Unterstützung flexibler Quellen eingeführt werden, bei dem die Betreiber vom Staat Geld für die Verfügbarkeit oder sogar für die zur Gewährleistung der Stabilität des Stromsystems bereitgestellte Leistung erhalten müssten.
In der Analyse wird auch darauf hingewiesen, dass der Staat einen gewissen Grad an Autarkie bei der Deckung des nationalen Stromverbrauchs beibehalten sollte.
Nach den derzeitigen Plänen will die Regierung bis 2033 aus der Kohle aussteigen. Einige Mitglieder der Regierung haben jedoch bereits von Bemühungen gesprochen, diese Schritte bis 2030 zu beschleunigen.
Das Ministerium für Industrie und Handel bereitet derzeit ein neues nationales Energiekonzept vor, das sich auf die Kernkraft stützen soll. Neben dem bereits beschlossenen Bau eines neuen Kernkraftwerks in Dukovany, bereitet das Ministerium derzeit die Unterlagen für eine Regierungsentscheidung über den möglichen Bau weiterer Reaktoren in Temelín und Dukovany vor. Gleichzeitig plant der Staat den Bau mehrerer kleiner modularer Reaktoren, die hauptsächlich an den Standorten der derzeitigen Kohlekraftwerke errichtet werden sollen.
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