Der Böhmisch-mährische Gewerkschaftsbund (ČMKOS) fordert eine Erhöhung des Mindestlohns auf 19.500 CZK (809 Euro) ab kommenden Januar, 2.200 CZK (91 Euro) mehr als in diesem Jahr. Dies bekräftigte ČMKOS-Chef Josef Středula gegenüber der ČTK. Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (KDU-ČSL) hat sich noch nicht dazu geäußert, welche Art von Erhöhung der Mindestlöhne er für das nächste Jahr vorschlagen wird. Das Ministerium arbeitet derzeit an einer Formel für eine regelmäßige Indexierung. Vertreter des Ministeriums verhandeln darüber mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern. Die Unternehmen sind mit einem sprunghaften Anstieg der Löhne nicht einverstanden.
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"Unsere Forderung bleibt bestehen. Wir drängen auf eine Erhöhung auf 19 500 CZK ab Januar. Außerdem bestehen wir auf der Beibehaltung von Garantielöhnen", sagte Středula.
Der Mindestlohn, der an rund 150.000 Menschen in Tschechien gezahlt wird, wurde im Januar dieses Jahres um 1.100 CZK (46 Euro) auf 17 300 CZK (718 Euro) angehoben. Ende April forderten die Gewerkschaften eine inflationsbedingte Erhöhung des Mindestlohns um 1.000 CZK (41 Euro) ab Mitte des Jahres, und um weitere 1.200 (50 Euro) CZK zu Beginn des nächsten Jahres. Insgesamt sind das 2.200 CZK (91 Euro) mehr ab Januar. Dies entspricht einer Erhöhung von 13 Prozent. Die Gewerkschafter verweisen dabei auf die anhaltende Inflation. Sie weisen auch darauf hin, dass der Mindestlohn in der Tschechischen Republik niedriger ist als in den Nachbarländern, und dass die niedrigsten Verdienste in Tschechien unter der Armutsgrenze liegen.
Die Arbeitgeber sind mit einem stärkeren Lohnwachstum nicht einverstanden. Ihrer Meinung nach liegt das Problem nicht in einer Erhöhung des Mindestlohns, sondern in den Garantielöhnen. Diese stellen den niedrigsten garantierten Verdienst dar, der je nach Professionalität, Schwierigkeit und Verantwortung der Arbeit möglich ist. Sie werden in acht Stufen gezahlt, vom Mindestlohn bis zum doppelten Mindestlohn, d. h. von 17 300 CZK (718 Euro) bis 34 600 CZK )1.436 Euro). Für dieses Jahr hat die Regierung nur die niedrigste und die höchste Stufe angepasst und die sechs Beträge dazwischen auf dem Niveau des Vorjahres belassen. Die Gewerkschaften fordern die Anhebeung in allen Stufen.
Nach Ansicht des Chefökonomen der Trinity Bank, Lukáš Kovanda, versuchen die Gewerkschaften, einen starken Aufwärtsdruck auf das allgemeine Lohnniveau in der Wirtschaft auszuüben, und das zu einer Zeit, in der sich die Wirtschaft noch immer nicht vollständig von der extrem hohen Inflation - der höchsten seit etwa drei Jahrzehnten - erholt hat. "Die Gewerkschaften stellen also einmal mehr ihr eigenes Interesse oder das Interesse ihrer Mitgliederbasis über den gesamtgesellschaftlichen Konsens, dass der Druck auf das Lohnwachstum nur angemessen sein sollte, damit sich die Inflation nicht wieder in der gesamten Wirtschaft ausbreitet", so Kovanda.
Die Wirtschaftskammer (HK ČR) hat wiederholt festgestellt, dass die Löhne in der Tschechischen Republik schneller steigen als die Produktivität. Sie hat bereits früher Garantielöhne als "sozialistisches Relikt" bezeichnet und sich für deren Abschaffung ausgesprochen. Die Unternehmer fordern die Einführung einer automatischen Indexierung. Auch die Gewerkschaften stimmen dem zu. Allerdings gibt es noch keine Einigung über die endgültige Formel. Arbeitsminister Jurečka sagte gegenüber der Presseagentur ČTK, dass darüber noch diskutiert und an dem Vorschlag gearbeitet werde.
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